Metaphern, Sprache, Computer

Frank Rickert

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Einleitung

1833 entwickelte der englische Mathematiker Charles Babbage die Analytical Engine. Sie besaß die Grundstruktur der auch noch heute gebräuchlichen Computer: eine zentrale Steuerung, die die einzelnen Rechenschritte organisiert, einen Speicher sowie Eingabe- und Ausgabeeinrichtung. Als Speichermedium waren Lochkarten vorgesehen. Diese waren von der Steuerung von Webstühlen bekannt. Der Bau dieser Maschinen konnte jedoch nicht realisiert werden. Weitaus bekannter dürften die Maschinen von Hermann Hollerith sein. Seine Lochkartenmaschinen wurden bei der Volkszählung 1890 in den USA eingesetzt1 Wolfgang König, Wolfhard Weber; Propyläen der Technikgeschichte 1840 – 1914 Vierter Band; Ullstein Buchverlage GmbH; Berlin; 1997; S. 487ff.. In Pappkarten wurden Löcher eingestanzt, welche Informationen über bestimmte statistische Kriterien enthielten. Metallstifte tasteten die Oberfläche der Karten ab und wenn sie auf ein Loch trafen, wurde ein Stromkreis mit dem ebenfalls metallischen Untergrund geschlossen. Durch ihre mechanische Funktionsweise konnte jedermann die Maschinen studieren.

Konrad Zuse versuchte als erster, Prozesse, die bisher mechanisch abliefen, mit elektromechanischen Bauteilen auszuführen. Das Ergebnis dieser Bemühungen war der Rechner Z3, dessen Schaltungen auf 2.600 Telefonrelais basierten. Die Rechengeschwindigkeit war so langsam, dass die Anlage praktisch nicht eingesetzt wurde. Andere seiner Rechner wurden jedoch zu Materialprüfungen eingesetzt. Im weiteren Verlauf der Rechnerentwicklung kamen Elektronenröhren zum Einsatz (ENIAC 1945). Der entscheidende Durchbruch jedoch war die Entwicklung der Halbleitertechnik, der Transistoren und der Integrierten Schaltkreise (1948). Bei diesen technologischen Neuerungen wurde mittels Strom gesteuert. Damit nahm die Entwicklung der Computertechnik einen rasanten Verlauf. Mit dem Computer ist heute die Nutzung des Internets untrennbar verbunden.
Seit 1962 wurde in den USA an der Netzwerktechnik geforscht und 1968 wurde das ARPANET, der Vorläufer des Internet entwickelt. So entstand ein komplexes System von Hardware und Software. Es gibt spezielle Dienste (beispielsweise Telnet-Spezifikation 1972 RFC 318) in diesem Netz und es bilden sich neue Forschungs- und Berufszweige heraus. Das Internet wurde anfangs hauptsächlich von Forschern und Studenten benutzt, es verbandt vorerst auch nur Universitäten und Forschungseinrichtungen. 1981 wurden die ersten Personalcomputer (PC) entwickelt. Die Computertechnik öffnete sich damit für einen breiten Kreis interessierter Anwender außerhalb des akademischen und militärischen Bereiches. In den folgenden Jahren wurden verschiedene organisatorische Eckpunkte (Protokolle) für den Betrieb des Internet festgelegt. Dazu gehören 1974 das Transmission Control Protocol (TCP), 1982 das Internet Protocol (IP) und das Domain Name System (DNS). 1991 wird das World Wide Web (WWW) vom Genfer Forschungszentrum CERN initiiert. Es verfügt über eine grafische Benutzeroberfläche. Das Hypertext Transfer Protocol ermöglicht eine einfache Weiterleitung der Nutzer zu den verstreuten Informationen. Nach 1990 entwickeln sich Begriffe wie: Suchmaschine, Surfing the Internet, Browser u.v.m., die heute schon zum alltäglichen Sprachgebrauch gehören.
Im Vergleich zur offiziellen Entwicklung weit weniger beachtet entsteht eine Art zweite Realität mit eigenen Zeichen, eigenen Gesetzen und “neuen Bewohnern”. Dieses neue Universum musste (und muss auch jetzt noch) erklärt werden. Ein solch komplexes, abstraktes und virtuelles System wurde nun erstmalig erklärt. Genau diese Erklärungen sollen Gegenstand dieses Buches sein. Metaphern helfen seit jeher, schwer Verständliches zu fassen. Erklären mit anderen Worten, erklären mit Hilfe schon bekannter Sachverhalte. Mit Metaphern bauen wir unsere Welt.

Metaphern

Metaphernvorkommen

Metaphern und Sprache

Wir haben ... festgestellt, dass die Metapher unser Alltagsleben durchdringt, und zwar nicht nur unsere Sprache, sondern auch unser Denken und Handeln. Unser alltägliches Konzeptsystem, nach dem wir sowohl denken als auch handeln, ist im Kern und grundsätzlich metaphorisch.2 George Lakoff, Mark Johnson; Leben in Metaphern; Carl-Auer-Systeme Verlag und Verlagsbuchhandlung; Heidelberg; 1998; S. 11

Die Betrachtung von Metaphern als bloße Sprachphänomene ist überholt. Gerade das Internet stellt hohe Anforderungen an das Abstraktionsvermögen der Benutzer. Es ist fast selbstverständlich, dass sich die Entwickler und Webdesigner Metaphern aus der realen Welt ausborgen, um Sachverhalte zu erklären. Gemeinsame Basis aller Überlegungen ist die kognitions-psychologische Erkenntnis, die hinter dem Metaphernkonzept steht: Neue Dinge (neues Wissen) lassen sich leichter und schneller lernen und erinnern, wenn Anknüpfungspunkte zu Bekanntem (Altwissen) bestehen. In der Textverarbeitung und anderen Bereichen der Bürokommunikation bietet sich z.B. die Bürowelt als solch ein Anknüpfungspunkt an. Deshalb gestaltet man den Bildschirm als Schreibtischoberfläche, realisiert Textverarbeitungsfunktionen in Analogie zur gewohnten Schreibmaschine und bezieht bei Funktionen, die über die herkömmliche Schreibtisch- und Schreibmaschinenarbeit hinausgehen (z.B. Ablage), das gesamte Büro als Vorbild für die elektronische Darstellung mit ein (Sinnbilder für Schränke, Ordner, Papierkorb usw.)3 Jürgen Krause; Visualisierung und grafische Benutzeroberflächen, Informationszentrum für Sozialwissenschaften; Bonn; 1996; S. 9 Das grundlegende Merkmal einer Metapher ist die Übertragung der Bedeutung eines Wortes oder eines anderen Objektes. Metapher leitet sich aus dem griechischen metaphora4 Hans Glück (Hrsg.), Metzler Lexikon Sprache; J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung; Stuttgart; 2000 ab, was soviel heißt wie das Weg- und Anderswohin tragen. In der antiken Rhetorik wurden Metaphern als Umschreibungen verwendet, um direkte Benennung zu vermeiden. Die Verwendung von Metaphern setzt eine Ähnlichkeit zwischen Ersetzung und Ersetztem (Wort) voraus. Metaphern können substantivischer, adjektivischer oder verbaler Form sein. Sie können in Präpositionen und als einzelne Partikel vorkommen. Einige Metaphern können für sich allein stehen, meist Substantive wie z.B. Fuchsschwanz. Oft jedoch ist auch die sprachliche Umgebung wichtig für die Interpretation der Metapher. Denn nur der Kontext gibt uns bei der Verwendung von Heide Auskunft, ob wir es mit einem unchristlichen Menschen zu tun haben oder im Wald stehen.
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass Metaphern nicht charakteristisch für eine Textsorte sind.5 Werner Kallmeyer, u.a.; Lektürekolleg zur Textlinguistik; Athenäum Verlag; Königsstein; 1974; S. 162 Ein Spannungsfeld bildet der Gegensatz Metapher – Vergleich. In älteren Ausführungen wird auf folgenden Sachverhalt verwiesen:

Es wird ja immer gesagt, die Metapher sei im Grunde nur eine Umkleidung dessen, was als Ähnlichkeitsstruktur in der Sache bereits vorhanden ist. 6 Ebd. S. 164

Von dieser Ansicht wird heute meist Abstand genommen. Weinrich7 Vgl. dazu: Werner Kallmeyer, u.a.; Lektürekolleg zur Textlinguistik; Athenäum Verlag; Königsstein; 1974; S. 161ff selbst geht sogar noch einen Schritt weiter mit seiner These, dass Metaphern erst neue Analogien herstellen. Zur Unterscheidung Vergleich- Metapher führt Kallmeyer das folgende Beispiel an:

Der Hinweis etwa auf die in Kuba zu praktizierende öffentliche Selbstkritik, deren Ton an die Erniedrigung der Moskauer Prozesse erinnert, enthält keine Metapher. Einer Metapher bedient man sich hingegen, wenn man das Regime Castros als stalinismo tropical bezeichnet.8 Ebd. S. 164/165.

Bei einer vergleichenden Darstellung werden verschiedene Texte einander gegenüber gestellt und Gemeinsamkeiten, auf denen der Vergleich basiert, bestimmt. Bei einer Metapher hingegen diente ein Text nur als Vorlage für einen weiteren. Exakte Übereinstimmungen müssen nicht vorhanden sein. Das Fehlen eines unmittelbaren Zusammenhangs bildet eine Schwierigkeit beim Verstehen von Metaphern. Wie kann man also eine Metapher erkennen? Bei diesem Erkenntnisprozess spielen die Isotopie und die semantische Anschließbarkeit jeweils eine wichtige Rolle. Unter Isotopie versteht man die Wiederkehr von Wörtern ein und desselben Bedeutungs- bzw. Erfahrungsbereiches in einem Text. Semantische Anschließbarkeit bedeutet, dass die Lexeme in Aneinanderreihung einen sinnvollen Zusammenhang ergeben (grün schwimmen dürfte nicht verstanden werden, grün wachsen hingegen schon). Kallmeyer9 Und er borgt diese Termini von Weinrich. Werner Kallmeyer, u.a.; Lektürekolleg zur Textlinguistik; Athenäum Verlag, Königsstein; 1974; S. 165. führt zur Erklärung noch die Begriffe Bildspender und Bildempfänger ein. Der Bildempfänger ist das Lexem oder die Lexemgruppe, die sich referentiell auf eine veranschaulichte Geschichte bezieht. Der Bildspender ist demzufolge die Ursprungsgeschichte. Am Beispiel: Achill ist ein Löwe. Der Terminus Löwe ist der Bildspender, welcher die löwenhaften Eigenschaften auf den Bildempfänger Achill überträgt. Semantische Anschlußregeln können lexikalischen Anschlußregeln widersprechen. Unbelebte Objekte bspw. können wachsen, eine Eigenschaft, die eigentlich nur belebter Materie zukommt (Die Bauwerke wachsen in die Höhe.) Hier fasst die semantische Anschließbarkeit. Aus dem Kontext und Kraft unserer semantischen Kompetenz können wir der Beschreibung den Sachverhalt des Hausbaus zuordnen. Bauwerke können jedoch nicht husten (zumindest solange nicht, bis ein metaphorischer Zusammenhang konstruiert wurde.) Es lassen sich verschiedene Metaphertypen unterscheiden. Eine Gruppe bilden die kreativen Metaphern. Bei ihnen kann man Bildspender und Bildempfänger klar erkennen und unterscheiden. Ein zweiter Typ sind die konventionellen Metaphern. Er brach eine Lanze für sie. Diese Metaphern werden nur noch selten verwendet. Ihre metaphorische Anschaulichkeit basiert auf vergangenen Gegebenheiten. Eine letzte Gruppe bilden die Ex-Metaphern. Sie haben keinen eigentlichen Bildspender und haben auch keine bildliche Funktion. Ein Beispiel dazu aus Kallmeyer: In Deutschland verlangt man beim Gemüsehändler einen Kopf Salat, in Frankreich un pied de salade (einen Fuß Salat). Weder der deutsche noch der französische Gemüsehändler werden mit diesen Wendungen eine Kopf- oder Fußgeschichte assoziieren.10 Kallmeyer; S. 175. Die bisher genannten Phänomene sind jedoch nur ein Teil der Metapherndiskussion. Neben Linguisten beschäftigen sich auch die Sprachphilosophen und - in letzter Zeit auch zunehmend Informatiker, oder genauer Softwareentwickler und Webdesigner mit den Metaphern. Wirth11 Dr. Thomas Wirth unter http://www.komdesign.de. findet im Webdesign-Bereich drei Metapherntypen. Visuelle Analogien beruhen auf gleichem oder ähnlichem Aussehen. Ein Musik-Wiedergabe-Programm wird auf dem Bildschirm wie eine Stereoanlage dargestellt. Der Nutzer findet sich intuitiv zurecht, wenn er schon vorher eine reale Stereoanlage bedienen konnte. Eine funktionelle Analogie bezieht sich auf die Funktionsweise einer Anwendung. So kann man den Papierkorb auf der (Desktop-) Schreibtischoberfläche mit vielen Dingen füllen, die im realen Leben so nicht zu entsorgen wären (ganze Schränke). Die Funktion jedoch bleibt erhalten, der Anwender weiß: Was immer da hinein kommt wird entsorgt. Die letzte Analogie ist die strukturelle Analogie. Diese spiegelt dann in etwa den Aufbau einer Firma oder einer herkömmlichen Zeitschrift wieder. Jeder Abteilung oder Rubrik ist auch ein Abschnitt auf der Webseite zugeordnet.

George Lakoff und Mark Johnson beschreiben in ihrem Buch Leben in Metaphern Konzepte des täglichen Metapherngebrauchs, des Eindringens der Metaphern in unser Leben und ihrer unbewussten Verwendung. Schon am Ende des ersten Kapitels steht fest: Unsere bisher wichtigste Aussage ist die, dass die Metapher nicht nur eine Frage der Sprache ist, also von Worten allein. Wir werden sogar beweisen, dass die menschlichen Denkprozesse weitgehend metaphorisch ablaufen.12 Lakoff; S. 14 Wie soll man sich nun den erweiterten Metaphernbegriff vorstellen und wie läßt sich das Denken in Metaphern beschreiben?

Metaphern und Konzepte

Lakoff und Johnson betrachten Metaphern als Konzepte unseres Lebens13 Ebd.; S. 7. Und Grundvoraussetzung all ihrer Überlegungen ist die Wiederspiegelung dieser Konzepte in unserer Sprache. Unser tägliches Handeln wird von Gesetzmäßigkeiten bestimmt, die wir mit Hilfe von Metaphern gefunden oder gebildet haben. Und für diese ist Arbeit besonders wichtig, dass Metaphern beim Begreifen von Abläufen des Alltags helfen.
Zeit ist Geld – eine häufig gebrauchte Redewendung. Das Konzept, welches dahinter steht, läßt sich wie folgt beschreiben: Zeit ist ein kostbares Gut. Sie ist begrenzt. Sie vergeuden meine Zeit. Diese Erfindung wird Ihnen Zeit sparen. Die Zeit wird knapp. Dies sind Redewendungen aus unserem täglichen Gebrauch. Es gibt einen Stundenlohn, Gebühren pro Zeiteinheit und vieles mehr. Dieser enge Zusammenhang zwischen Zeit und Geld entstand erst in der modernen Industriegesellschaft. Als sich die (freie) Zeit verknappte, wurde man sich ihrer als wertvoller Ressource bewusst. Verbindungen zu anderen knappen und wertvollen Dingen wurden gebildet. Eben dem Geld als dem wahrscheinlich bekanntesten aller wertvollen und auch oft knappen Dinge. Und viele mit dem Geld verbundene Redewendungen wurden ebenfalls auf die Zeit angewandt. Wir können nun Zeit wie Geld vergeuden oder investieren. Unsere Alltagserfahrungen bestätigen die Richtigkeit diese Konzepts. Und wir können manchmal feststellen: Der stiehlt mir bloß meine Zeit. In unserer Vorstellung entstand ein ganz neues Konzept von Zeit. Eines, welches die Zeit als ein vorrangig wertvolles Gut ansieht. Kontext-Übernahme ist ein grundsätzlicher Baustein in der Metapherntheorie.
Metaphorische Konzepte werden aufgrund von erkennbaren Übereinstimmungen gebildet. Eine große Gruppe der Metaphern bilden die Orientierungs-Metaphern. Glücklich sein ist oben. Traurig sein ist unten. Beispiele für diese Metaphern: Ich fühle mich heute obenauf. Die Stimmung steigt. Und im Gegensatz dazu: Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt. Ich bin ganz niedergeschlagen. Eine grundsätzliche Erfahrung steht Pate für diese Metapher. Unser aufrechter Gang ermöglicht uns erfolgreiches Handeln, Übersicht und eine Art Gleichstellung gegenüber anderen Menschen. Helden stehen immer wieder auf. Im Gegensatz dazu stehen Erfahrungen, die wir aus der niederen Position machen. Kranke liegen in ihren Betten auf ‘halber’ Höhe. Nach einer körperlichen Auseinandersetzung gilt der als besiegt, der sich am Boden befindet. Und nicht zuletzt endet unser Leben sozusagen mit einem Negativrekord an Bodennähe. Von gleicher Art ist die Metapher schlafen ist unten, Wach sein ist oben. Man sinkt in tiefen Schlaf oder fällt ins Koma. Morgens steht man auf oder man wacht auf. In dieses Schema reihen sich noch weitere Metaphern, an denen man erkennen kann, wie wichtig die Orientierungs-Metaphern sind (Beispiele: Gesund sein und Leben sind oben, Krankheit und Tod sind unten. Kontrolle und Machtausübung sind oben, Kontrolliert werden und Fremdbestimmt sein sind unten.) Auch Adjektive wie mehr oder weniger haben einen Bezug zur Orientierungs-Metapher. Mehr ist oben und weniger ist unten. Die Zahl der produzierten PKWs steigt. Mein Einkommen ist im letzten Jahr gestiegen. Und im Gegensatz dazu: Mein Einkommen ist gesunken oder auch: Der Verbrauch ist gesunken. Die physikalische Entsprechung dazu: Wenn man ein Gefäß füllt, dann steigt der Inhalt im Gefäß an. Oder analog dazu das Aufschichten von festen Objekten. Orientierungsmetaphern bestehen auch in horizontaler Richtung. Die Zukunft liegt vor uns. Nach den uns vertrauten Gegebenheiten sehen wir die Dinge, die in unserem Blickfeld liegen. Wir können uns auf sie zu bewegen. Beispiel im Sprachgebrauch: Was hast du vor? Lakoff und Johnson ziehen daraus folgende Schlüsse: Die meisten unserer grundlegenden Konzepte sind raumorientiert. Es existiert eine innere Systematik der Raum-Metaphern. Einige Metaphern (Glücklich sein ist oben) erklären eher ein zusammenhängendes System. Alle Raum-Metaphern sind Teil eines organisierten Systems. Die Metaphern werden aufgrund von physischen oder kulturellen Erfahrungen gebildet. Es ist uns z. B. möglich, die folgenden drei Sätze richtig zu verstehen. Harry ist in der Küche. Harry ist in der Herrenhuter Brüdergemeinde. Harry ist in Rage. Die zum Verstehen notwendigen Erfahrungen (räumlich, sozial, emotional) sind gleichrangig. Ein gewisses Primat genießen die physischen Erfahrungen. Es gibt jedoch auch rein intellektuelle Konzepte, die auf Metaphern basieren. Das Wort hoch in dem Begriff Hochenergieteilchen basiert auf der Metapher ‘Mehr ist oben’.14 Ebd.; S. 27. Eine genaue Basis der physischen und kulturellen Wurzeln zu finden ist jedoch sehr schwer. Gerade die Wertvorstellungen in verschiedenen Kulturkreisen können zu erheblichen Problemen beim Verstehen von Metaphern führen. Um diesem Problem zu begegnen, werden den Metaphern Prioritäten zugeordnet. In unserem Falle steht die Metapher Mehr ist oben vor Gut ist oben. Leicht zu sehen am Beispielen wie: die Inflation steigt oder die Kriminalitätsrate steigt. Diese Wertungen werden vom einzelnen Kulturkreis festgelegt. Lakoff und Johnson führen einen Autokauf als zwiespältige Situation an. „Es gibt in Amerika Subkulturen, in denen man sich für das teure Auto entscheidet und um die Zukunft keine Sorgen macht, und es gibt andere Subkulturen, in denen man der Zukunft Priorität einräumt und das billigere Auto kauft”.15 Ebd.; S. 32. Metaphern können (sogar je nach Zeitgeist) für die eine oder andere Entscheidung gefunden werden. Zeitgeist und Subkulturen benutzen sogar Metaphern, die in einem direkten Widerspruch zueinander stehen. Mehr ist besser wird bei den Trappisten-Mönchen ins Gegenteil verkehrt. Für sie ist es besser und tugendhafter wenig zu besitzen. Abschließend kann für die Raum-Metaphern verallgemeinert werden, dass die Beziehungen oben-unten, innen-außen, zentral-peripher, aktiv-passiv existieren, aber kulturell unterschiedlich belegt sind.

Eine zweite große Gruppe von Metaphern bilden die ontologischen Metaphern. Von eindeutig abgegrenzten Dingen bilden wir metaphorische Verbindungen zu unscharf abgegrenzten Dingen unserer Umwelt. Grundlage für diese Übertragungen sind unsere Erfahrungen mit dem physisch fassbaren Dingen. Die Inflation wird so zu einem fest umrissenen Gegenstand, sie nimmt Gestalt an. Wir müssen die Inflation bekämpfen. Die Inflation schlägt an der Kasse im Supermarkt zu. Die Inflation macht mich verrückt. Die ontologischen Metaphern werden benutzt, um bestimmte Aspekte eines Sachverhalts sichtbar zu machen. Es wird viel Geduld brauchen, dieses Buch fertig zu stellen. Geduld wird zu einer mengenmäßig messbaren Entität. Bezugnahmen wie: Wir arbeiten auf den Frieden hin können dargestellt werden. Es geht dabei darum ein konkretes Ziel zu erfassen. Man kann Aspekte und Ursachen identifizieren16 Lt. Lakoff; S. 36/37., sich Ziele setzen und sich zu Handlungen motivieren. Die ontologischen Metaphern konstruieren Entitäten. Genau dieser Punkt wird sehr wichtig für die weitere Untersuchung im Bereich der Computer-Fachsprache. Wie im Vorwort erwähnt, ist ein Großteil der Computertechnik und der damit verbundenen Abläufe nicht physisch erfahrbar: „Wir benutzen ontologische Metaphern, um Ereignisse, Handlungen, Tätigkeiten und Zustände verstehen zu können. Ereignisse und Handlungen werden metaphorisch als Objekte konzeptualisiert, Tätigkeiten als Substanzen und Zustände als Gefäße.”17 Lakoff; S. 41 Wir sind also darauf angewiesen, ontologische Metaphern zu benutzen, um die Computer zu beschreiben. Um den menschlichen Geist zu beschreiben, sind einige ontologische Metaphern gebildet worden, die eine mögliche Art der Verbindung beschreiben (allerdings in umgekehrter Richtung). Die Grund-Metapher lautet: Der menschliche Geist ist eine Maschine. Uns rauchen die Köpfe. Meine Denkmaschine will heute nicht in Fahrt kommen. Welche Konzepte könnten dahinter stehen? Seit dem 19. Jahrhundert drängen sich zunehmend komplexe und leistungsfähige Maschinen in unser Leben. Die Sprache wird technischer und sie greift auch auf diejenigen Lebensbereiche über, die eigentlich nichts mit Maschinen oder Arbeit zu tun haben. In unserer Gesellschaft zählen Eigenschaften wie: Rationalität, Leistungsfähigkeit, Durchhaltevermögen und Präzision. Diese Eigenschaften sind u.a. kennzeichnend für Maschinen. Und um uns und unserer Umwelt zu zeigen, wie leistungsfähig wir sind, wählen wir diese Maschinen-Metapher (alles läuft wie geschmiert). Die Metapher kann noch weiterentwickelt werden.Nicht nur unser Geist ist eine Maschine, sondern auch unser Körper. Tätigkeiten werden automatisiert und wir funktionieren auf Knopfdruck, arbeiten (ohne Pause) durch.

Ein wichtiger Teilaspekt der eben erläuterten entitätsbildenden Metaphern ist die Gefäß-Metapher bei Objekten. Die meisten Objekte unserer Lebenswelt besitzen ein Inneres und sind durch eine begrenzende Oberfläche von der Außenwelt getrennt. Es gibt eine Nach-Innen-Orientierung und eine Nach-Außen- Orientierung. Zimmer und Häuser sind in diesem System eindeutig Gefäße. Aber auch die menschliche Seele ist ein Gefäß (Das tat mir innerlich richtig weh.). Wir können diese Gefäße mit unscharfen Grenzen konzeptualisieren. Eine Waldlichtung hat beispielsweise keine scharfe Grenze zum sie umgebenden Wald und trotzdem erkennen wir sie. Wichtig für die Metaphern-Theorie ist, dass wir selbst eine Grenze ziehen (können), wenn die „natürliche” zu unscharf ist. Wir helfen uns dabei z.B. mit dem Zweier-Paar Innen und Außen und mit der Orientierung von Innen nach Außen oder umgekehrt. Auch unser Blickfeld ist ein Gefäß. Außer Sichtweite, etwas im Auge/ Blick haben verdeutlichen dies. Mit Metaphern gelingt es, einen Sachverhalt zu personifizieren. Verschieden eingesetzt können sie jeweils eine andere Nuance eines Sachverhalts illustrieren. Die Inflation hat die Grundfeste unserer Volkswirtschaft erschüttert. Die Inflation hat uns an die Wand gedrückt. Die Inflation wurde hier als Gegner personifiziert. Eine Verwechslungsgefahr besteht zwischen Metapher und Metonymie. Bei der Metonymie handelt es um eine Ersetzung bzw. Umbenennung. Bei: „Die drei Bier warten auf ihre Rechnung” warten natürlich keine drei Biere auf ihre Rechnung, vielmehr wird der Gast, der sie bestellt hat, damit identifiziert. Ein Sonderfall der Metonymie ist die Synekdoche, bei der ein Teil für das Ganze steht (Bsp.: Es gibt etliche kluge Köpfe an unserer Universität.). Es sind damit natürlich die klugen Wissenschaftler gemeint. Hinter Metapher und Metonymie stehen unterschiedliche Konzeptionen. „Die Metapher bietet vor allem die Möglichkeit, einen Sachverhalt im Lichte eines anderen Sachverhalts zu betrachten, ihre wichtigste Aufgabe besteht darin, einen Sachverhalt verstehbar zu machen. Die Metonymie andererseits hat in erster Linie die Aufgabe, eine Beziehung herzustellen, so dass wir eine Entität benutzen können, damit diese für eine andere Entität steht.”18 Ebd.; S. 47. Es gibt jedoch auch einige wichtige Gemeinsamkeiten. Lakoff und Johnson beschreiben einen fundamentalen Zusammenhang zwischen Gesicht und ganzem Körper einer Person. Bei einem Passbild oder Portrait schließen wir automatisch auf den Rest der Person. Würden wir jedoch ein Bild eines Körpers ohne Kopf gezeigt bekommen, wären wir sehr erstaunt. Wie bei den Metaphern können wir Metonymie-Konzepte herstellen. In diesem Falle lautet es: Das Gesicht steht für den Menschen. Weitere metonymische Konzepte sind: der Erzeuger steht für das Produkt, das Objekt steht für den Benutzer, der Verantwortliche steht für das Resultat u.v.m. Diese metonymischen Konzepte funktionieren nach der gleichen Systematik wie die metaphorischen Konzepte. Sie beruhen ebenfalls auf unseren Erfahrungen und sind im Gegensatz zu den Metaphern leichter zu erkennen. Es gibt stark kulturell geprägte Metonymien wie zum Beispiel das Verschenken weißer Rosen zu feierlichen Anlässen in Westeuropa. In Asien hingegen sind weiße Blumen Symbole der Trauer. Metaphern benutzen oft nur einen Teil eines Gleichnisses. Beispielsweise gibt es fundamentale Theorien und wir verstehen darunter, dass sie sehr grundlegend sind. Die Metapher Fundament/fundamental wurde von einem Gebäude ausgeliehen. Ein Gebäude, das auf einem stabilen Fundament steht, hat eine gute Voraussetzung auch selbst ganz stabil zu sein. Und wir haben nun die Chance, auch andere Gebäudeaspekte zu benutzen. Seine Theorie hat tausend Kämmerchen und lange labyrinthische Flure. Auf diese Weise können wir veranschaulichen, dass es sich um eine sehr komplexe und vermutlich weit reichende Theorie handelt. Das Metaphernkonzept, das allem zu Grunde liegt, lautet: Theorien sind Gebäude. Diese Arten von Metaphern bezeichnet man als Struktur-Metaphern. Sie bilden die dritte und wohl umfangreichste Gruppe der Metaphern. Dabei werden Zusammenhänge (eben jene Strukturen) mit den ausgetauschten Bezeichnungen gefüllt. Um diese Metaphern zu verstehen, ist mehr Wissen notwendig als bei den zwei zuvor besprochenen Metaphernarten. Selbst bei Menschen, die in ein und demselben Kulturkreis leben, kann es zu Missverständnissen kommen. Kann man sein Handy booten? Wer diesen Fachausdruck des Rechnerstartes nicht kennt, kann auch nicht verstehen, dass ein simples Einschalten des Mobiltelefons gemeint ist. Bei der Bildung der Struktur- Metaphern ist es also ausgesprochen wichtig, bekannte Strukturen zu verwenden. Politik, Medien, Natur und Alltagswissen (im engeren Sinne) sind der Spenderbereich für die Struktur-Metaphern. Zusammenfassend läßt sich folgendes feststellen:

1. Metaphern sind weit mehr als eine rhetorisches Stilmittel im Sinne von Aristoteles.

2. Lakoff und Johnson gelingt es in ihrem Buch „Leben in Metaphern” ihre Theorie der Konzepte schlüssig zu erklären. Die Einteilung in die drei Gruppen Orientierungs-, Struktur- und ontologische Metapher ist nachvollziehbar. Ebenso die Erklärung ihrer Entstehung, nämlich mittels unserer Erfahrungen und die Erläuterung zu ihrer jeweiligen Abhängigkeit vom Kulturkreis. Letztlich bleibt offen, was wir nun genau unter einer Metapher verstehen sollen. Es fehlt eine exakte Definition. Bisher wurden die Vorgängertheorien immer „bloß” widerlegt. Unter anderem erschwert uns der Wandel der Sprache - somit auch der Metaphern - eine genaue Definition. Was gestern noch Metapher war, ist heute schon zu einem festen Lexem der Sprache geworden und wird seinerseits wieder in neuen Metaphern verwendet. Der Bezug zwischen Bildspender und Bildempfänger kann auf sachlichen Beziehungen oder Vergleich oder auch auf beidem beruhen. Für die weitere Arbeit möchte ich die weiteste Auslegung der Metapher verwenden: Übertragung eines Wortes in eine uneigentliche Bedeutung oder einen bildlichen Ausdruck.

Metaphern und Computer

Beim Gebrauch mit Computern und Internet treten Metaphern im Zusammenhang mit erklärenden Texten oder in grafischer/ visueller Form auf. Da die sprachlichen Formen schon eingehend erläutert wurden, möchte ich hier nur auf die grafischen Formen eingehen. Damit meine ich hauptsächlich Abbilder von Gegenständen der realen Welt, die in die „Computerwelt” bzw. ins Internet übertragen wurden. Dazu zwei Beispiele: Eine der bekanntesten Metapher ist die Desktop-Metapher. Um dem Anwender eine bessere Übersicht über die Ressourcen seines Computers zu geben, wurde die Oberfläche einem Schreibtisch nachgebildet (eben jenem engl. Desktop). Der Nutzer konnte nun Dinge hin und her schieben, wie er es von einem normalen Schreibtisch gewohnt war. Weiterhin sehr bekannt sind die Baumstrukturen. Bei ihnen kann man von einem Endpunkt aus eine Basis ermitteln oder Zusammenhänge zwischen einzelnen Zweigen des Baumes herstellen. In den letzten Jahren wurden die Computer schrittweise um viele Funktionen erweitert u.a. auch im Audio-Bereich. Die Funktionen zum Hören von Musik, Abspielen von CDs oder Ansehen von Filmen wurden grafisch den HiFi-Anlagen und Fernsehern nachempfunden. Bedienungsanleitungen wurden dadurch überflüssig. Die Benutzer kennen die meisten Funktionen schon. Im Internet setzt sich die Metaphern-Verwendung dieser Art fort. Navigationsbuttons werden nicht beschriftet, denn klar ist: ein kleiner Briefumschlag bedeutet Email-Kontakt(-Möglichkeit), ein Haus bedeutet Rückkehr zur Ausgangsseite (Homepage).

Erklärungen mit Metaphern

Texte verstehen

Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit sollen Metaphern in der Computer- Fachsprache untersucht werden. Und um es schon vorweg zu nehmen: die sogenannte Computer-Fachsprache hat sich sehr stark in die Allgemeinsprache ausgebreitet, so dass ein weiter Teil dieser mit untersucht werden muss. Außer Frage steht, dass Personalcomputer in unserem Alltag auch für eine andere Begrifflichkeit gesorgt haben. Computer-Fachsprache im engeren Sinne ist sicher vorhanden in Labors, bei Softwarefirmen, bei Prozessor-Designern und auch in sehr speziellen Computerfachzeitschriften (die sich mit sehr speziellen Programmiertechniken befassen). Deshalb wird es um die Betrachtung dessen gehen, was man am ehesten als Computerwortschatz beschreiben könnte. Computerwortschatz, Computerwörter, EDV-Wortschöpfungen beschreiben alle die zu untersuchenden Wortgruppen. Sie haben unmittelbar mit Computern zu tun und werden von Menschen geprägt, die eine hohe Bindung an Computer haben, mit ihnen arbeiten oder Programme für sie entwickeln. Aber nicht zuletzt dienen sie der Erklärung des Systems Computer und aller damit verbundenen Systeme (im engeren Sinne Internet, Intranet, Anwendersoftware). All diese Erklärungen setzen neben Metaphernverständnis auch Textverständnis voraus. Deshalb gibt es an dieser Stelle einen kurzen Einschub zum Thema Textverständnis. Unter einem Text versteht man eine zusammenhängende sprachliche Äußerung. Der Zusammenhang, auch Textkohärenz genannt, zieht sich wie ein roter Faden durch den Text. Den Zusammenhalt schaffen Phänomene wie Wiederholung (Rekurrenz), Austausch (Substitution), die Verwendung von Pro-Formen und auch der Gebrauch von deiktischen Anzeigern wie Artikeln. Gerade der Einsatz dieser deiktischen Mittel setzt ein bestimmtes Vorwissen voraus. Der unbestimmte Artikel wird eingesetzt, um ein noch unbekanntes Element einzuführen. Der bestimmte Artikel hingegen zeigt an, dass das bezeichnete Element schon einmal erwähnt wurde. Die Verweiskraft eines bestimmten Artikels erstreckt sich auch über einen Text hinaus. Er bezieht sich auf beim Rezipienten als bekannt voraus gesetztes Wissen. Beispiele dafür sind Zeitangaben oder geografische Angaben (Weihnachten, Ostern, der Nordpol). Ebenso kulturell bestimmte Metaphern bilden Dinge und Personen des Alltags (der Papst, der Präsident, die Gosse, das Parlament). Aber es können auch zeitspezifische Phänomene konkretisiert werden (die Arbeitlosenquote, die derzeitige Regierungskrise). Die Situationsdeixis verknüpft den Text mit außersprachlichem Kontext (dort, jetzt). Neben diesen Verknüpfungen gibt es auch die expliziten Verweise im Text (z.B. Wie oben schon erwähnt.)

Alle genannten sprachlichen Merkmale sind Teil der sogenannten Oberflächenstruktur. Es handelt sich dabei um konkrete sprachliche Ausprägungen eines Konzepts. Ihm zugrunde liegt die Tiefenstruktur. Das Textverständnis basiert im wesentlichen auf dem Erkennen dieser Tiefenstruktur eines Textes. Ein Beispiel19 Aus: Angelika Linke, Markus Nussbaumer, Paul R. Portmann; Studienbuch Linguistik; Niemeyer Verlag; Tübingen; 1994; S. 225. dazu: Hans kommt nicht zur Konferenz. Er ist krank. Das Pronomen er nimmt Bezug auf die vorher eingeführte Person Hans. Es gibt einen konzeptuellen Zusammenhang, nämlich die Begründung (seines Fernbleibens). Zweites Beispiel: Anna kommt zur Konferenz. Sie ist krank. Diese beiden Sätze sind scheinbar nicht mehr so stark zusammenhängend wie die beiden vorigen, fast widersprüchlich. Zum Textverstehen wäre es hier günstiger ein Kohäsionsmittel (in diesem Fall die Konjunktion obwohl) einzufügen. Es wird dadurch der Zusammenhang zwischen den zwei scheinbar gegensätzlichen Aussagen geschaffen. Der Zusammenhang zwischen den Paaren Oberflächenstruktur - Tiefenstruktur, Textkohäsion - Textkohärenz ist nicht lückenlos. Der Leser ergänzt fehlende Teile der Oberflächenstruktur, stellt Zusammenhänge her, er leistet Textarbeit. Wie bei den Metaphern schon erwähnt brauchen wir zum Konzipieren ein bestimmtes Wissen. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um zwei Arten Wissen. Zum einen das Weltwissen (auch enzyklopädisches Wissen) und zum anderen das Handlungswissen. Das Weltwissen ist stark vom Kulturkreis geprägt, es ist aber auch naturwissenschaftliches Wissen und unspezifisches Alltagswissen. Das Handlungswissen (prozessuales Wissen) bezieht sich auf Abläufe und auf Situationen. Wir können entscheiden, wie wir uns in verschieden Alltagssituationen verhalten müssen (sollten) oder was von uns erwartet wird. Diese Handlungen sind kulturell geprägt (Hände-reichen, Verbeugungen). Eben dieses Wissen ist schwer zu fassen und abzugrenzen. Beide Wissensbereiche überschneiden sich. Es stellte die Entwickler des Fachgebietes Künstliche Intelligenz vor unüberwindbare Aufgaben, denn es war und ist nicht möglich einem Computer dieses Wissen einzugeben. Es müssen Erfahrungen gemacht werden, es muss erlernt werden.

Eine neue Theorie zum Textverständnis bedient sich der Begriffe Frame und Script. Diese Theorie teilt die Wissensbereiche ebenfalls in statisches Wissen und veränderliches. Die statistischen Anteile bilden den sogenannten Frame (Rahmen), alles Veränderliche stellt das Script (Szene) dar. An einem Beispiel erläutert: Zum Frame einer IT-Firma gehören: Computer, Netzwerktechnik, Programmierer, Büroinventar etc. Das Script bilden die Abläufe beispielsweise das Verhalten der Menschen bei einem Rechnerausfall oder die Aktionen der Belegschaft bei einer Präsentation. Dieses Frame-Script-Modell wurde auch auf Metaphern angewandt20 Markus Secker; Metaphorisches Konzept und Metaphorische Bezeichnung, dargestellt am Einfluss anderer Konzepte auf den Sport. und wurde für die Linguistik aus der Psychologie entlehnt. Das Thema Textlinguistik soll an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden, vielmehr geht es um Textverständnis und daraus ableitbare Theorien zum Metaphernverständnis.

Fachtexte - Metaphern zur Wissensvermittlung

Wie werden wissenschaftliche Texte verstanden? Wie klar ist die Kohäsion und wie gut erkennbar ist die Kohärenz, die ja ausschlaggebend für das Textverständnis ist.21 Linke; S. 225. Wissenschaftliche Texte sind problematisch – diese Einschätzung hört man oft. Die Autoren befinden sich in ihrem Fachuniversum und verwenden Fachtermini, die selbst Kollegen nicht kennen.22 sehr problematisch ist die inkonsistente Verwendung von Fachausdrücken.

Die Vermittlung von Wissen erfolgt oft in der Kette Wissenschaftler – Wissenschaftsjournalist – Medienrezipient. Eine Ausnahme ist die Situation an einer Universität, wo der Wissenschaftler den Studenten Wissen aus erster Hand weitergibt. Die nachfolgenden Überlegungen basieren auf Arbeiten von Bernd Ulrich Biere.23 Bernd Ulrich Biere / Wolf-Andreas Liebert; Metaphern, Medien, Wissenschaft. Zur Vermittlung der AIDS-Forschung in Presse und Rundfunk; Westdeutscher Verlag; Opladen; 1997. Er untersucht verschiedene Formen der Wissensverbreitung am Beispiel der HIV-Infektion. Er legt seinen Untersuchungen das Metaphernmodell von Lakoff zu Grunde, speziell die kognitiven Metaphernmodelle. Zum einem untersucht er die Fachsprache von Wissenschaftlern und zum anderen die Vermittlung des Fachwissens an Laien. Virologie und Computer haben zumindest eine Gemeinsamkeit; es geht bei beiden um abstrakte Prozesse. Man kann davon ausgehen, dass fachsprachliches Wissen bei der Vermittlung transformiert wird. Es wird der vermuteten Wissensbasis des Adressaten angepasst und diese Anpassung erfolgt sowohl an der Oberfläche als in der Tiefenstruktur. Wie im vorigen Kapitel angesprochen, muss der Rezipient Textarbeit leisten und bei Fachtexten eine spezielle. Biere beschreibt sie als hermeneutische Toleranz: dem Text folgen, auch wenn man Teile (noch) nicht verstanden hat. Sein Beispiel: Proteasehemmer ein Fachterminus, welcher vorerst nicht im Text erklärt wird. Dennoch wird klar „irgend etwas hemmt etwas anderes” ein Medikament, das etwas unterbindet. Man versteht, worum es „im Prinzip” geht. Und in dieser Richtung wird auch nachfolgend konkret erklärt. Es handelt sich um ein Medikament, welches die Bildung eines bestimmten Enzyms blockiert. Auf einem fachsprachlichen Wortschatz bauen die Metaphern in seinem Beispiel auf. Im Falle der HIV-Erklärung taucht die schon von Lakoff erkannte Kampf-Metapher auf. Viren dringen ein, werden getötet, Medikamente greifen an und blockieren. Das Modell des Kampfes ist kohärenzbildend. Die Kampf-Metapher muss sich in einem konkreten Fall24 Bernd Ullrich Biere; Sturmangriff der Killervieren; in: Bernd Ulrich Biere / Wolf-Andreas Liebert; Metaphern, Medien, Wissenschaft. Zur Vermittlung der AIDS-Forschung in Presse und Rundfunk; Westdeutscher Verlag; Opladen; 1997; S. 132 gegen eine andere (dynamischere) Metapher durchsetzen. Im weiteren Verlauf kommt es zur Vermischung beider Metaphern (conceptual blending), denn das Konzept muss sowohl Drama als auch Dynamik enthalten. „Und in diesem langen Kampf (gibt) das überstrapazierte Immunsystem schließlich auf.”25 Ebd.; S. 138 Im konkreten Falle der HIV-Darstellung hatte ein Wissenschaftsjournalist Anteil an der Entstehung des Textes26 Es handelt sich um die Mitschrift einer Radio-Diskussion. und somit der Metaphern. Die Untersuchung wurde an einer speziellen Textsorte durchgeführt. Einordnen könnte man wissenschaftsjournalistische Texte in die Textklasse der Zeitungstexte. Diese wird auch zu einem großen Teil in der nachfolgenden Untersuchung die Grundlage bilden. Drei Merkmale kennzeichnen diese Texte. Erstens wird eine einfache, parataktische Syntax verwendet. Zweitens beinhalten sie einen hohen Anteil an Fachwörtern. Das dritte Merkmal bezieht sich auf Metaphern, es werden nämlich protometaphorische Modelle eingeführt.

Schlussfolgerungen

Erklärungen, die mit der Hilfe von Metaphern gebildet werden, sollten leichter verstanden werden. Grundlage all dieser Erklärungen ist die gemeinsame Wissensbasis von Erklärendem und Rezipienten. Ohne diese sind die Metaphern wirkungslos. Die starke Verbreitung in der Sprache beweist ihre Wirksamkeit. Die Untersuchungen von Lakoff und Johnson zeigen die tiefer gehende Wirkung der Metaphern. Grundlegende Erfahrungen sind die Basis für die Metaphernbildung. Sie helfen uns unbewusst, bestimmte Zusammenhänge unseres Lebens zu begreifen. Wir wenden sie aber auch sehr bewusst zum Veranschaulichen bestimmter Sachverhalte an. Mit ihrer Hilfe schließen wir von Bekanntem auf Unbekanntes. Aus diesem Grund sollten sich auch komplexe Systeme wie Computer und Computernetze mit den Metaphern besser erklären lassen als mit nackten wissenschaftlichen Fakten. Speziell die Struktur-Metaphern sollten sich auf komplexe Zusammenhänge anwenden lassen. Übertragungen aus anderen Wissensbereichen (HIV-Beispiel) stützen diese These ebenfalls. Die Metaphern werden sowohl von Lehrern zur gezielten Wissensvermittlung genutzt, als auch von Wissenschaftsjournalisten zur Vermittlung von unspezifischem Wissen. Dies erfolgt in den Massenmedien wie Zeitungen, Zeitschriften und TV. Bei den produzierten Texten handelt es sich also dann um eine spezielle Textsorte.

Computer-Fachsprache

Computer-Fachsprache und Computerwörter

Was genau ist eigentlich eine Fachsprache und wozu wird sie benötigt? Es gibt ca. 300 Fachsprachen auf ebenso vielen Wissengebieten. Und die Unterteilung dabei ist nicht so streng wissenschaftlich, wie man es annehmen könnte. Vielmehr gibt es einzelne Unterbereiche wie das Geldwesen, das zur Betriebswirtschaft zählt. Grundsätzlich sollen Fachsprachen oder besser die Termini der Fachsprachen die Kommunikation zwischen ihren Benutzern verbessern. Die aus der Alltagssprache bekannten Phänomene wie: „Das habe ich gar nicht gesagt!“, „So habe ich das nicht gemeint” etc. müssen bei der Übermittlung und Archivierung von Fachkenntnissen unbedingt vermieden werden. Die Fachsprachen können auf einer anderen allgemeinen Sprache basieren (Wie z.B. die medizinische Fachsprache auf dem Lateinischen). Im Handbuch der Bibliothekswissenschaften wird der Begriff „Fachsprache” wie folgt beschrieben: „Die Fachsprache ist auf einem bestimmten Fachgebiet durch Ausbildung und Schulung präzisierte Terminologie, die meist nur dieser Zielgruppe voll verständlich ist. Im Vergleich zur natürlichen Sprache einer Gesellschaft, die vom Kleinkind bis zum Spezialisten eine große Bandbreite an Teilnehmern dieser Sprache bedienen muss, streben Fachsprachen eine verbesserte Kommunikation über bestimmte fachliche Inhalte an, die allerdings voraussetzt, das hier alle Teilnehmer dieses gehobene Niveau der terminologischen Kontrolle beherrschen. Für die Spezialisten eines bestimmten Fachgebietes ist ihre Fachsprache die für sie natürliche Sprache, was dazu führt, dass Dokumentationssysteme und die darin enthaltenen Thesauri, eine Nomenklatur beinhalten müssen, die für die entsprechende Zielgruppe als ihre natürliche Sprache verstanden wird. Während für den Laien in einer öffentlichen Bibliothek Fische annähernd all das sind, was im Wasser schwimmt, also auch Delphine oder Wale, ist für den Biologen die Benennung Pisces natürlicher, weil definitorisch eindeutiger.”27 URL am 31.12.2001 http://www.ib.hu-berlin.de/wumsta/wistru/definitions/d65.html Etwas weiter gefasst kann man auch Symbole und Zeichen z.B. elektronische Schaltpläne und gebäudetechnische Zeichnungen als Fachsprache bezeichnen. Es braucht es ein gewisses Fachwissen, um die Sprache zu verstehen und somit ist sie im Umkehrschluss dem Laien nicht ohne weiteres verständlich. Die Gesellschaft für Informatik prägt eine eigene Definition für die Fachsprache und zieht daraus auch gleich Konsequenzen für das Programmieren. Die Fachsprache ist demnach mehr oder minder formalisiert und rein deskriptiv und daher auch eine wichtige Grundlage für das problemorientierte Programmieren. Eine weitaus differenziertere Definition liefert der Fachbreich Informatik der Uni Hamburg.28 URL am 31.12.2001: http://nats-www.informatik.uni- hamburg.de/vhahn/Fachsprache/vHahn/Methoden/Texte/Definition.html. Es werden fünf mögliche Definitionen aus jeweils einem anderen Blickwinkel angeboten. Diese fünf Möglichkeiten sind29 Ebd.

  1. Die fach-systematische Definition: „Fachsprache ist eine Variante, die durch alternative Ausdrucksweisen neben der Gemeinsprache steht.” Zentrale Vorstellung: Fachsprache ist eine besondere Variante einer natürlichen Sprache. Sicht auf die Sprache: Kompetenz-orientierte Sprache als System von formalen Mitteln, das aus verschiedenen Typen besteht, aber insgesamt eine konsistente Sprache bildet. Abgrenzungsmittel: Exklusive sprachliche Mittel. Probleme: Sprachsystem ist eine Abstraktion, die auf den jeweiligen theoretischen Annahmen basiert und damit die Abgrenzung unsicher macht.

  2. Die lexikalisch (syntaktische) Definition: „Fachsprache ist eine Subsprache, d.h. eine spezifische Auswahl der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten, die man durch Aufzählung der Regeln oder des lexikalischen Inventars abgrenzen kann.” Zentrale Vorstellung: Fachsprache ist eine spezielle Auswahl der sprachlichen Mittel bei der Benutzung einer Sprache. Sicht auf die Sprache: Performanz- orientierte; Sprache ist nie homogen, sondern jeweils eine spezielle Auswahl unter jeweils speziellen Bedingungen. Diese können historisch, individuell, fachlich etc. sein. Abgrenzungsmittel: Spezifische Auswahl sprachlicher Mittel. Probleme: Dieselben lexikalischen und syntaktischen Mittel kommen in der Gemeinsprache wie in der Fachsprache vor, so dass damit nicht genug Trennschärfe gegeben ist.

  3. Die inhaltliche Definition: „Fachsprache ist die Sprache zum Ausdruck bestimmter Fachinhalte.” Zentrale Vorstellung: Fachsprache ist das zur Bezeichnung von Sachverhalten eines Fachs optimal angepasste sprachliche Ausdrucksmittel. Sicht auf die Sprache: Sprache als informationsübertragendes Medium, das bestimmten Inhalten angepasst werden kann. Abgrenzungsmittel: Kommunizierte fachliche Inhalte. Probleme: Fächer lassen sich nicht abgrenzen. Auch die Klassifikationslehre kann keine klare Abgrenzung liefern. Zu schnell wird der Schluss gezogen, dass alles ein Fach ist, wofür ein Terminus vorliegt. Begriffe sind gegenüber der Wirklichkeit Vereinbarung, nicht „natürliche” Struktur.

  4. Die Hörer/ Sprecher-Definition: „Fachsprache ist die Sprache von Berufstätigen.” Zentrale Vorstellung: Fachsprache ist die individuelle Auswahl der sprachlichen Mittel durch Sprecher, deren Interesse die fachliche Kommunikation ist. Sicht auf die Sprache: Die Sprache wird bestimmt durch die Intentionen ihrer Sprecher. Abgrenzungsmittel: Fachliche Intention der Kommunikationspartner. Probleme: Fachtätigkeiten und Berufe sind jeweils willkürlich getrennt. Es gibt mehrere Übergangsbereiche, z.B. Hobbys, bei denen berufliche und nicht-berufliche Tätigkeiten eng nebeneinander liegen

  5. Die funktionale Definition: „Neben der poetischen oder der sozialen hat die Sprache auch die fachliche Kommunikationsfunktion, für die sie besondere Mittel bereitstellt.” Zentrale Vorstellung: Fachsprache ist eine der Funktionen der Sprache in der natürlichen Kommunikation. Sicht auf die Sprache: Sprache als Kommunikationsmittel in verschiedenen Funktionen mit jeweils unterschiedlichen formalen Mitteln. Abgrenzungsmittel: Durch Festlegung der Funktion. Probleme: Funktionen der Sprache sind keine theoretisch definierten Objekte. Es gibt keine überschaubare Menge solcher Funktionen (wie etwa Sprechakte), sondern eher zentrale Funktionen und eine große Zahl weiterer möglicher Kandidaten.

Nach diesen Definitionen wird klar, dass der Begriff Fachsprache auf die ins Auge gefasste Gruppe von Fachwörtern nicht ganz zu trifft. Die Fachwörter werden nicht mehr nur von Fachleuten benutzt; auch interessierte Laien verstehen sie. Sie führen kein Schattendasein neben der Gemeinsprache, sondern nehmen in selbiger einen immer größeren Raum ein. Es braucht daher eine weit gefasste Definition, um den zu untersuchenden Kreis zu beschreiben. Bei dieser möchte ich mich der terminologischen Anmerkung von Wichter30 Sigurd Wichter; Zur Computerwortschatz-Ausbreitung in die Gemeinsprache; Peter Lang Verlag; Frankfurt am Main; 1991. anschließen. In seinem Buch „Zur Computerwortschatz-Ausbreitung in die Gemeinsprache” trifft er folgende terminologische Verabredung: „Wenn wir das Wort Computer in Computerwortschatz oder Computertechnologie als umfassend gemeinte, über das Gerät im engeren Sinne metonymisch hinausgehende Bereichsbezeichnung verwenden, dann wird eine von mehreren Wahlmöglichkeiten ausgezeichnet, etwa vor den Motivationen mit Informatik, EDV, ADV, Datenverarbeitung.”31 Ebd.; S. 3. Die Entwicklung der engen Verzahnung von Fachwortschatz und Gemeinsprache sollen die folgenden Ausführungen verdeutlichen. Am Anfang von Wichters Untersuchung steht die Suche nach einem System, um die verschiedenen Phänomene zeitlich einordnen zu können. Wichter stellt dabei drei Hauptperioden fest. Zum Ersten die Anfangsphase, zum Zweiten die Öffnungsphase und zum Dritten die Publikumsphase. Er schreibt dazu: “Es versteht sich von selbst, sei aber eigens hervorgehoben, dass diese Periodisierung um der Herausarbeitung der Hauptlinien willen in vielen Hinsichten vereinfachend ist und auch breite zeitliche Übergänge angenommen werden müssen.”32 Ebd.; S. 2. Die Anfangsphase beginnt 1941. Der deutsche Ingenieur Konrad Zuse entwickelt den ersten vollautomatisch programmierbaren Computer der Welt. Nach seinem Namen und zwei Vorgängerversuchen (1938 mechanische Rechenmaschine Z1) erhielt dieser den Namen Z3. Er setzte mit dieser Bezeichnung auch den ersten Trend in der Benennung. So einfach und kurz wie möglich. Das dachten sich auch Kernighan und Ritchie, die 1978 ihre Progammiersprache C nannten. Weitere Beispiele der Serie: C64, C++ und CD. Ein weiterer klangvoller Name dieser Zeit ist ENIAC eine Rechenanlage auf Röhren basierend. Der wirkliche Durchbruch in der Computerindustrie begann aber erst mit der Entwicklung und mikroskopischen Verkleinerung der Transistoren. Ihnen folgten die integrierten Schaltkreise (IC). Durch sie wurde die Entwicklung und der Einsatz leistungsfähiger Computer erst möglich. Dennoch muss es eine „handwerkliche” Phase der Computerproduktion gegeben haben. Anekdotenhaft wird die Entstehung des Begriffs Bug überliefert. Heute eine gängige Bezeichnung für Fehler in der Hard- und Software. Hier die sinngemäße Anekdote: Als lackierte Platinen auf dem Fensterbrett zum Trocknen in der Sonne lagen, lief ein Käfer darüber und blieb am Lack haften. Die Platine erwies sich dann als nicht funktionsfähig. Woran lag es? „It was a bug.” In jener Zeit (erste Hälfte der fünfziger Jahre) finden sich in den Wörterbüchern von Mackensen und Pekrun noch keine Hinweise auf die Computertechnik. Und dann tritt ein kleines Problem (zumindest aus meiner Sicht) zu Tage.

Wichter nimmt von seiner Betrachtung Wörter aus, welche zu dieser Zeit noch eine andere Bedeutung haben. Seine Beispiele sind: Algol Doppelstern im Perseus vs. Programmiersprache und Speicher als Lager im Gegensatz zum elektronischen Bauelement. Es geht um die Feststellung der Fachfremdheit. Wann ist z.B. der Befehl ein elektronischer? Sofern sich die Bedeutung aus dem Kontext ergibt, ist die Feststellung leicht. Aber bei der bloßen Untersuchung von Wörtern in einem Wörterbuch stelle ich mir die Abgrenzung schwierig vor. Als erste Nennungen führt Wichter 1949 V4, Gerät, Maschine, Ding und Rechenmaschine an. Wobei hier nicht klar ist, was Gerät, Maschine und Ding für spezielle Computerwörter darstellen. Bestenfalls aus dem Kontext geschlossene Bezeichnungen für Computer. Konkreter wird „Der Spiegel” (1950). Unter anderen werden Elektronengehirn, Maschinengehirn, Supergehirn, Rechenwunder, Rechenmaschine als Computerwörter benutzt. Es werden außergewöhnliche Denkleistungen (wie schnelles und komplexes Rechnen) mit ihnen assoziiert. Andere Bezeichnungen sind eng an den Rechnererbauer oder an die Rechnertechnik geknüpft (Serienbezeichnungen wie Mark1, G1, Eniac). Weiterhin werden einzelne Teile des Computers benannt (das Speicherwerk). Die Begriffe in den nächsten Jahren kreisen eng um die Wörter Rechner, Elektron und Gehirn. Einteilen lassen sich diese Begriffe jedoch schon in metaphorische und technische Bezeichnungen. Metaphorisch ist hier im Sinne der Übertragung menschlicher Eigenschaften (Supergehirn) oder der Verbindung wie Elektronengehirn gemeint, um die abstrakte Technik anschaulich zu machen. Die Anzahl der Artikel in Zeitungen und Zeitschriften nimmt rasch zu. Differenziert wird auch über das Umfeld der Computer berichtet. Programmiersprachen und interne Abläufe (Was ist ein Sprungbefehl?) werden erklärt und es wird auf die bisherige Entwicklung der Rechner eingegangen. Zusammenfassend läßt sich sagen, dass die Computertechnik sich von einer Außenseiterdomäne zu einem ernst zu nehmenden Technik- und Wissenschaftszweig entwickelt, und das fand auch in der allgemeinen Sprache seinen Niederschlag. Trotz aller Verbreitung finden die Computerwörter noch keinen Platz in den Wörterbüchern. Wichter führt hier als Beispiele Mackensen, Pekrun und den Duden. 1958 ist der Duplexbetrieb als Doppelbetrieb im Duden verzeichnet (kein Computerwort). In großen Lexika wie Herder oder Brockhaus gibt es jedoch schon Erklärungen zu Rechenmaschinen. Es werden in diesen Erklärungen rund 300 Fachausdrücke verwendet. Diese stammen jedoch aus fachlich angrenzenden Bereichen wie der Elektrotechnik oder der Physik oder es handelt sich um interdisziplinär verwendete Ausdrücke. Weiterhin läßt sich feststellen, dass im Brockhaus der Begriff Rechenmaschine nicht einheitlich mit einer Bedeutung verwendet wird. „Die Bezeichnung Rechenmaschine, die auch als Lemma eingesetzt wird, dient im Großen Brockhaus einerseits als Oberbegriff für die programmgesteuerten Rechenmaschinen und für die überkommenen mechanischen Rechenmaschinen, die nicht programmgesteuert sind; andererseits werden die programmgesteuerten Rechenmaschinen mit einer speziellen Bezeichnung und einem speziellen Lemma ausgezeichnet, nämlich mit Rechenautomat, während den überkommenen Rechengeräten weitestgehend der Artikel Rechenmaschinen gewidmet ist, wobei doch die Bezeichnung Rechenmaschine doch Oberbegriff sein soll.33 Ebd.; S.17. 1960 enthält das Duden-Fremdwörterbuch bereits einige computertechnische Erklärungen. „Programm – bei elektronischen Rechenanlagen der durch Zeichen dargestellte Rechengang, der der Maschine eingegeben wird (Begriff der Automation)“. „Kybernetik – zusammenfassende Bezeichnung für eine Forschungsrichtung, die vergleichende Betrachtungen über die Steuerungs- u. Regelungsvorgänge in Technik, Biologie und Soziologie anstellt –”.34 Ebd.; S.20. Weiterhin enthalten sind: Programmieren, Programmierungstechnik und der Name ENIAC. Mit diesen Wörtern und aus dem Kontext der Erklärungen schließt Wichter auf insgesamt 15 Fachwörter. Zusätzlich zu den genannten Wörter wird im Duden- Rechtschreibwörterbuch noch das Elektronengehirn aufgeführt – jedoch ohne Erklärung. Auch im Duden-Bildwörterbuch von 1961 finden sich Computerwörter wie die zuvor genannten wieder. In diesem Stadium zieht Wichter eine Grenze innerhalb der Anfangsphase. Das Stadium der „Ein-Dutzend-Wörter- Repräsentation” ist erreicht. Dieses folgt der eher wenig spektakulären Phase der Unterschlagung der Computerwörter in den 40er und 50er Jahren. 1966 erscheint erstmals das bekannte Wörterbuch Wahrig; und es enthält 22 Computerstichwörter. Neben den Auszählungen der Computerwörter in Lexika und Wörterbüchern, scheint das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel” ein relevanter Anzeiger für die Ausbreitung der Computerwörter zu sein. Im Jahr 1963 erscheinen neun Artikel zur Computertechnik. Wie werden die Computer dort erklärt? Ohne viele Fachwörter, nur im Kontext? Wichter macht hier keine genaueren Angaben zu den Quellen. In der ersten Hälfte der 60er Jahre ist auch das Wort Computer entstanden. Lexikografisch belegt ist es erstmals im Duden- Fremdwörterbuch von 1966. Wichter: „Das Wort Computer löst damit (so wird man das wohl sehen können) das Wort Elektronengehirn als spezifische Bezeichnung für das Gerät ab, ein Bezeichnungswechsel, der durchaus charakteristisch ist für den technologischen Wandel und seine Wahrnehmung.”35 Ebd.; S.27. In den 70er Jahren sind Computerwörter in allen Wörterbüchern verzeichnet. Die Entwicklung in Wörterbüchern hinkt jedoch der in den aktuellen Medien hinterher. Am Ende der ersten Phase stellt Wichter fest: a) der Bekanntheitsgrad der Technik beschränkt sich auf einzelne Bezeichnungen oder Bilder. b) es gibt beim Publikum keine eigenen Erfahrungen mit der besprochenen Technik. Die zweite Phase (Öffnungsphase) der Ausbreitung der Computerwörter geht mit einer exponentialen Steigerung des Wissens über die Computer einher. Wichter dazu: „Der Wissenstransfer wird umfangreicher und differenzierter, der allgemeine Wortschatz wird in diesem Fachbereich entsprechend erweitert,...”36 Ebd.; S.30. Technisch wird im Jahr 1968 der Integrierten Schaltkreise entwickelt (später abgekürzt mit IC). Vereinfacht dargestellt heißt das, dass nicht mehr einzelne elektronische Bauelemente auf ein Platine gelötet werden, sondern dass viele miniaturisierte Schaltungselemente auf einen Siliziumkristall untergebracht werden. Sehr schön – aber nicht interessant für die Sprachentwicklung? Interessant wird es, weil nun der Computer zur Massenware wird. Und nun bedarf es neuer Erklärungen und Beschreibungen: Die Computer rücken nun auch in den Interessenkreis der Sprachwissenschaftler. Leo Weisgerber führt dazu aus, dass das Jahr 1968 gekennzeichnet ist durch den Durchbruch der Datenverarbeitung im Allgemein-Bewusstsein: „... was zunächst mehr als Domäne besonderer wissenschaftlicher oder technischer Arbeitsgebiete erschienen war, erreichte nun ... in raschen Schüben die Öffentlichkeit.” Es werden nun auch sprachtheoretische Bedenken geäußert. Kann sich das Wort Computer gegen deutsche Ersetzungen wie Horter oder Verdater durchsetzen? Wie nun durch die Sprachentwicklung bewiesen wurde, war das der Fall. Die Beschreibungen der Technik werden einfacher und freier von Vorkenntnissen. Neben Zeitungsartikeln erscheinen Bücher zu diesem Thema. Im Fernsehen wird eine Sendereihe mit dem Titel Einführung in die Elektronik ausgestrahlt und es erscheint ebenfalls ein Begleitbuch dazu. Auch im vorher immer angeführten Nachrichtenmagazin „Der Spiegel”, steigt die Zahl der Computerbeiträge um mehr als das Doppelte. Es kommen immer mehr Computerderivate auf den Markt, so zum Beispiel der Personal Electronic Transactor (PET) der Firma Commodore. Der Mackensen von 1977 enthält ca. 80 Computerwörter. Darunter sind eindeutige Computerwörter wie Bit oder Byte, aber auch kontextabhängige wie ablochen, Locher oder Befehl. Im Gegensatz zur Öffnungsphase kommt die Publikumsphase mit einem übergroßen Angebot an Material daher. Wichter läßt sie am Ende der 70er beginnen. Ein grundlegendes Merkmal ist der Beginn der massenhaften Verbreitung der Computer. Sie werden zur Supermarktware, halten Einzug in die Privathaushalte und entfernen sich zunehmend von ihrem eigentlichen Zweck dem Rechnen (wenn es den überhaupt gab). Sie werden zum Musik hören, spielen und Briefe schreiben verwendet. Demzufolge steigt auch der Erklärungsbedarf stark an. Zwei technische Meilensteine: 1980 kommt mit dem ZX 80 der erste Computer unter 300,- DM auf den Markt und 1981 gibt es die ersten C64 von Commodore.37 Der Vorgänger des C64 hieß VC20. VC war in diesem Fall die Abkürzung für Volkscomputer. Der bis jetzt letzte Baustein in der Reihe der in Deutschland so beliebten „Volksdinge” wie Volksempfänger und Volkswagen. Auf den Zeitschriftenmarkt kommen nun auch Computerzeitschriften, die Wichter natürlich als Quelle für seine Betrachtungen nutzt (erstes Heft der Zeitschrift Chip erscheint 1978). Zur Verbreitung der Computerzeitschriften bezieht sich Wichter auf Claus J. Tully, welcher 1989 230 Computerzeitschriften zählt. Leider wird nicht erwähnt, wo - Deutschland, Amerika, weltweit? Die Computerzeitschriften hantieren mit Fachbegriffen wie zum Beispiel Prozessorbezeichnungen SAB 8080 und MC 6800. Es bilden sich die noch heute bekannten Anwendungsgebiete der Computer: Textverarbeitung, Datenbanken, Bildbearbeitung und Programmierung heraus, die über einen eigenen Wortschatz verfügen bzw. diesen auszubilden beginnen.

Auch für Schriftsteller wird der Computer immer interessanter. Ähnlich Jules Verne beschreiben sie eine nicht all zu ferne Zukunft und schaffen Wörter, die später aus Romanen in die Wirklichkeit vordringen. Bestes Beispiel dafür ist der Autor William Gibson. „Das Wort Cyberspace ist gut zehn Jahre alt. 1996 Der Science-Fiction-Autor William Gibson hat den Begriff erfunden, als er in seiner Heimatstadt Vancouver die Kids vor den Computergames beobachtete: Finger und Augen der Spieler scheinen mit den Automaten zu verwachsen. Völliges Feedback, Gibson, ‘Photonen aus dem Schirm in die Augen, Neuronen flitzen durch den Körper, und Elektronen rennen im Videospiel. Die Kids glauben wirklich an diese Spiele.’ In seinem Roman ‘Neuromancer’ schlossen die Cyberpunks ihre Hirne direkt an den Computer an – ohne den Umweg über Tastatur und Monitor.”. Und Cyberspace ist heute (2001) wohl ein durchaus geläufiges Wort für das Internet. Das Computerwissen der Rezipenten steigt deutlich an. Vermittelt wird es durch eben jene Computerzeitschriften bzw. durch Handbücher zu den entsprechenden Geräten. Die damaligen Fachbücher wagten, aus heutiger Sicht, einen fast aussichtslosen Spagat zwischen allumfassender Information über Computertechnik und sehr spezieller Programmiertechnik. Im ersten Kapitel wird erläutert: Was ist ein Computer? Im letzten Kapitel geht es um Programmieranweisungen wie verschachtelte Schleifen. Viele Bezeichnungen aus dem Englischen werden einfach übersetzt und gelten somit als erklärt und eingeführt.38 z.B. in Computerwissen für alle von 1988 Als Beispiel für ein reines Computerlexikon sei hier das Lexikon Computertechnik von Scholz genann39 Klaus-Peter Scholz (Hrsg.); Lexikon Computertechnik; VEB Technik Verlag; Berlin; 1988.. Es enthält 1000 Stichwörtern. Auch hier bleibt immer noch die vage Vermutung, einige der aufgeführten Wörter haben wenig oder nichts mit Computern zu tun. Leporello wird erklärt als: „Endlospapier, das zickzackförmig auf ein bestimmtes Format gefaltet ist und mittels Randlochung exakt in einem Drucker transportiert werden kann. Die Bezeichnung Leporello ist nach dem Diener Don Giovannis benannt, der auf derart gestaltetem Papier die Abenteuer seines Herren aufgezeichnet hat”.40 Ebd.; S. 111 Der Duden – Die Deutsche Rechtschreibung schreibt dazu „(1) Diener in Mozarts Don Giovanni, (2)Kurzform für Leporelloalbum harmonikaartig zusammenzufaltende Bilderreihe.”.41 Duden – Die deutsche Rechtschreibung, Band 1, 22. Auflage; Dudenverlag; Mannheim; 2000; S. 440 Ich selbst kenne den Begriff Leporello nur als Bezeichnung für ein dreifach gefaltetes Blatt Papier, meist als Werbezettel verwendet. Es gibt jedoch auch einen anderen Weg der Wissensvermittlung nämlich die Print- und TV-Werbung. Dort wird das Wissen jedoch nur schlagwortartig und ohne didaktisches Geschick vermittelt. Und so nehmen es viele Konsumenten in Kauf, Fachbegriffe nur teilweise oder gar nicht zu verstehen.42 Was ist ein DDR-Ram? Hat nichts mit dem Vorgänger der neuen Bundesländer zu tun. Zusammenfassend sagt Wichter: „Die Sprachgemeinschaft nimmt additiv gesehen,... eine große Menge an sehr speziellen Termini auf.”43 Ebd.; S. 35 nEinen der Anfangsgedanken wieder aufnehmend, zählt Wichter die Computerwortschatz-Lemmata in Wörterbüchern (bzw. bezieht sich auf Auszählungen). 1983 finden sich 160 Computerwörter im Deutschen Universalwörterbuch. Rund 70 Computerwörter sind im Handwörterbuch der deutschen Gegenwartssprache zu finden. Als Gesamtprozentsatz errechnet Wichter auf Basis der 160 plus (nicht näher spezifizierter) Randbezirke einen Anteil von 1,5 Promille der Computerwörter am Gesamtvokabular. Einige Beispiele bekannter und in dieser Zeit entstandener Computerwörter:

Ins Visier der Sprachwissenschaftler rücken nun die neuen Ausprägungen der Wortart Computerwörter. „Erste Belege habe ich für den Plural die Chipse gefunden, aber noch keine für einen neuen Singular der Chips.”44 Ebd.; S. 40. Weiterhin interessant: Woher sind die Computerwörter entlehnt? Das läßt sich für einen Großteil der Wörter leicht beantworten, sie kommen aus dem Englischen/ Amerikanischen. Um dem Laien bzw. Englisch-Unkundigen die Begriffe verständlich zu machen, erscheinen bald die ersten Wörterbücher auf dem Markt, die nur englische Fachtermini und deren Übersetzung enthalten. Wichter schließt seine Betrachtung im Jahr 1989. Er geht nochmals auf die Teilung des Vokabulars in Experten- und Nutzerwortschatz ein. Sein Fazit: „Die vertikale Verschiedenheit, die Distanz zwischen den einzelnen Ebenen, sind also auch in der letzten Phase trotz lebhafter Wortschatzentwicklung geblieben und vielleicht noch stärker geworden, da die Niveauanhebung der Wortschätze nicht nur eine oder wenige Ebenen, sondern die gesamte vertikale Skala betrifft.”45 Ebd.; S. 61. Wie erwähnt schließt Wichter mit dem Jahr 1989, das ist nun aber schon elf Jahre her. Und seit dem hat sich etwas getan – damit ist hauptsächlich die Entwicklung des Internet bzw. des WWW der Teil des Internet, den auch Laien benutzen können, gemeint. 1993 entstand die Idee, die Dateien durch die sogenannten Hyperlinks miteinander zu verknüpfen. Man musste sich nicht mehr merken, wo einzelne Dateien zu finden waren, man konnte jetzt auf „Signalwörter” klicken und kam zur gewünschten Information. Für diesen neuen Lebensbereich wurden neue Metaphern gefunden. Die Menschen surfen durch das Netz, nutzen Portale und konsumieren Content. Wieder neue Berufsbilder entstehen: Screen-Designer kümmern sich um das Aussehen der Webseiten, HTML’er schreiben sie und Content-Manager füllen sie mit Inhalt. Ein weiteres Phänomen ist das „nähere Zusammenrücken” der Menschen. Der Nutzer des Internets erfährt nun von der CES (Consumer Elektronik Show) in Amerika oder vom RSI-Syndrom (Repetitive Strain Injury Syndrom), das in England nicht als Berufskrankheit anerkannt wird. Die Idee der Computerwörter-Zählung wird sich durch die Masse und den schnellen Zuwachs nicht mehr aufrecht erhalten lassen. Eine neue Untergruppe könnte die der nutzerspezifischen Wortschätze sein. Das Internet schafft eigene Personengruppen mit eigener Sprache. Eine davon sind die Nerds bzw. Geeks. Sie zeichnen sich durch eine hohe Bindung an den Computer und das Internet aus. Sie lesen Science-Fiction-Literatur, wie Neal Stephensons Cryptonomicon. „Seinen ersten literarischen Auftritt hatte er der Geek Anfang der 90er Jahre in Michael Crichtons Computer-Sex-Thriller Disclosure. Allerdings in einer Nebenrolle. Das gerade mal dem Teenager-Alter entwachsene Computer-Genie, das in dem im Buch beschriebenen Computerunternehmen die Cybertools entwickelt, die im Showdown der Geschichte wesentlich sind, ist programmatisch schlampig, legt keinen Wert auf Körperhygiene und hängt ernährungstechnisch an der Nabelschnur respektive der Telefonleitung zum Pizzadienst. Solche Menschen wurden damals Computer-Whiz oder -Nerd genannt.”46 46 Hier aus: Rondo - Beilage zu Der Standard; Freitag 22. September 2000. URL am 31.12.2001: http://www.nd-net.com/geek.html Um mögliche Kommunikationsfehler zu verhindern, konstruieren sie ihre eigene Kunstsprache, die Progammiersprachen ähnlich ist (www.geekcode.com). Es sind aber auch die Wortschätze der Anwender von Word, Exel oder Access, die im Gegesatz zu Programmierern, den Unterschied zwischen Funktionsleiste und Werkzeugleiste genau kennen. Das Internet bringt auch seinen eigenen Slang hervor. Dieser orientiert sich natürlich an Regeln der Rechner. Es werden ganz bewusst Fehlschreibungen verwendet. Unter dem englischen Begriff Tools verbergen sich meist Werkzeuge (Hilfsprogramme), um den Computer zu reparieren oder warten. Unter dem Suchbegriff Toolz hingegegen findet man ganz anderes Werkzeug.

http://www.gi-ev.de/informatik/lexikon/index.html

Fachsprachen können unabhängig vom Computer existieren. Es existieren in vielen Fachgebieten bereits stark formalisierte Fachsprachen, die prinzipiell geeignet wären, die Basis entsprechender Fachprogrammiersprachen zu bilden. Die Vorteile bei der Verwendung solcher Sprachen liegen auf der Hand: kein sprachlicher Bruch zwischen Problem- und Programmbeschreibung; daraus resultierender geringerer Wartungs- und Schulungsaufwand; Programmbeschreibungen dokumentieren (und archivieren) gleichzeitig Know-how. Die Entwicklung ist bisher allerdings vorwiegend anders verlaufen. Zunächst wurden, bedingt durch Beschränkungen der Hardware, jeweils einzelne Aufgaben implementiert und, im Laufe der Zeit, an immer größere Einsatzbereiche angepasst. Tatsächlich definieren Anwendungsprogramme Fachsprachen für ihren Einsatzbereich.

Die Untersuchung

Die Korpora

In den folgenden Texten werde ich versuchen, das Auftreten von Metaphern zu analysieren. Aufgrund der Fülle des möglichen Materials habe ich die Textproben willkürlich ausgewählt. Unterschiedlich sind die Textsorten wie Fachtext oder journalistischer Text. In Bezug auf die Metaphern wird ihr generelles Auftreten geprüft, sowie bei Vorhandensein Art und Häufigkeit ihres Auftretens.

Beispiel 1: Jürgen Bayer „Programmierung”

Programmieren auf den Punkt gebracht. Wollen Sie ohne viel Ballast Programmieren lernen? Ausgehend von etwas Windows-Basiswissen werden Ihnen die Grundlagen der Programmierung vermittelt. Die ersten Sätze des Klappentextes. Hier muss dem Leser die Angst vorm unbekannten und scheinbar sehr schwierigen Programmieren genommen werden. Der Ausgangspunkt ist: Programmieren ist schwer zu lernen und schwer auch im Sinne der schweren Last. Das Konzept dazu lautet nun: Befreiung von der schweren Last. Ein weiteres Konzept zielt auf die Vielfalt und auf die Komplexität des Programmierens. Und um letztendlich das Vorurteil der Langatmigkeit auszuräumen, wird das Konzept des Auf-den-Punkt- Bringens deutlich hervorgehoben. Es wird bewusst auf diese beiden weit verbreiteten Annahmen gesetzt und die werden mit Hilfe der Metaphern ausgeräumt. Bei allen anderen Menschen ist die Metapher wirkungslos. Streng genommen erklärt diese Metapher auch keinen technischen (Computer-) Sachverhalt sondern eher einen allgemeinen Sachverhalt. Die Metaphern wären auch geeignet, dem geneigten Leser die Angst vor der Quantenelektrodynamik nehmen. Kapitel 1 erläutert, wie ein Computer grundsätzlich Programme ausführt und Daten speichert. In diesem Kapitel erfahren Sie, welche Aufgaben das Betriebssystem übernimmt und wie dieses Daten in die Zustände 0 und 1 transformiert. Außerdem lesen Sie in diesem Kapitel wie ein Programm grundsätzlich arbeitet und wie ein in einer höheren Programmiersprache geschriebenes Programm für den Computer so übersetzt wird, dass dieser das Programm versteht.(Vorwort, S.13) Auch hier finden sich Metaphern, genauer ontologische Metaphern. Der Computer wird ein Wesen, welches etwas ausführen und auch etwas verstehen kann. Das Betriebssystem als solches wird etabliert als Maschine, welche Daten transformiert. Und Programme werden zu Entitäten, die arbeiten. Bei der folgenden Beschreibung der einzelnen Kapitel finden sich weiterhin die Einzelbezeichnungen Softwarearchitektur, objektorientierte Programmierung und (weniger computerspezifisch) Grundprinzipien. Ein Computer verarbeitet Daten. Noch genauer kann man sagen: Ein Computer verarbeitet Daten zu Informationen. Der Unterschied zwischen Daten und Informationen mag Ihnen noch nicht klar sein, ist aber ganz einfach: Daten sind rohe Fakten ohne Informationsgehalt. Daten werden erst zu Informationen, wenn diese verarbeitet werden. (S .24/25) Mit dieser Erklärung wird der Grundstein zum Konzept: „Der Computer ist eine verarbeitende Maschine” gelegt. Ein verarbeitende Maschine im Sinne von: Ich nehme etwas und die Maschine stellt daraus etwas anderes her. Um diesen Sachverhalt speziell für den Computer zu manifestieren, wurde das Akronym EVA gebildet. Das EVA-Prinzip bedeutet Eingabe – Verarbeitung – Ausgabe. Es wird jedoch auch noch eine weitere Metapher eingeführt, nämlich die vom selbstständig denkenden, genauer interpretierenden Wesen. Betrachten Sie z.B. die Daten 47053. Diese besitzen für Sie keinen Informationsgehalt, oder? Erst wenn ich Ihnen eine Verarbeitungsvorschrift dafür gebe, können Sie die Daten so interpretieren, dass eine Information dabei herauskommt. Ich kann Ihnen z.B. sagen, dass Sie Daten als Postleitzahl interpretieren sollen oder als das durchschnittliche Jahresgehalt eines Softwareentwicklers im Jahr 1975. (S. 24) Der Vorgang des Interpretierens wird hier als eine Abarbeitung von Vorschriften aufgefasst, was uns in Konflikt mit der geläufigen Auffassung von Interpretation bringt. Ein Schauspieler kann einen Text interpretieren und Rechtsanwälte Gesetzestexte. Es handelt sich dabei um eine Auslegung, die aufgrund bestimmter Anzeichen gemacht wird. Beispielsweise wird im Text des Bühnenstückes ein Wort mehrfach wiederholt. Eine mögliche Interpretation wäre, es besonders laut zu sprechen, da ja der Autor durch die Wiederholung besonders stark darauf hinweist. Die Interpretation des Computers ist jedoch eine völlig andere, nämlich ein „Abarbeiten” von bestimmten Anweisungen. Eine mögliche Erklärung der unklaren Bedeutung wäre die nachlässige Übersetzung der englischen Form interpret aus der sich das Fachwort interpretieren ableitet. Es bedeutet etwas erklären oder die Bedeutung von etwas verstehen47 Lt. Sally Wehmeier ed.; Oxford Wordpower Dictionary, Oxford University Press; Oxford;1993.. Der interpreter ist jemand, der etwas unverzüglich von einer Sprache in eine andere übersetzen kann. Das würde bei einem BASIC48 BASIC ist eine einfache Programmiersprache, das Akronym für beginners all purpose symbolic instruction code.-Interpreter zutreffen, da er die BASIC-Anweisungen in Maschinencode übersetzt. Abbildung 1.249 Die gibt’s natürlich nur im Buch, spielt hier keine Rolle. zeigt die Zusammenarbeit zwischen Anwendungen, dem Betriebssystem, dem BIOS und der Computer-Hardware. (S. 27) Die Fortführung der Maschinen- Metapher. Die einzelnen Teile der Maschine arbeiten zusammen. Die Bezeichnung Betriebssystem fügt sich ebenfalls in die Metapher, denn Maschinen werden in Betrieb gesetzt oder sind außer Betrieb. Ein sehr wichtiger Bestandteil des Computers ist der Arbeitsspeicher. Auf den ersten Blick auch eine passende Metaphern-Fortführung (die Maschine arbeitet). Aber halt: Der Arbeitsspeicher wird aber auch noch für des Zwischenspeichern von Werten bei Berechnungen verwendet. Viele Verarbeitungsschritte sind so kompliziert, dass sich das Programm die Zwischenschritte merken muss, die erst in späteren Anweisungen wiederverwendet werden. (S. 31) Es gilt festzustellen, dass nicht mehr der Computer der Handelnde (Ausführende) ist, sondern das Programm. Es wird eine neue Entität eingeführt und sie hat keine Maschinen-Eigenschaften. Sie hat die Eigenschaften eines belebten Organismus, sie kann kann sich nämlich etwas merken. Dennoch haftet der neuen Entität etwas passives an. Wenn Sie mit einem Programm arbeiten wollen, muss dieses Programm irgendwo gespeichert sein, damit Sie es über das Betriebssystem laden und ausführen können. (S. 31) Hier werden zentrale Konzepte der Computertechnik eingeführt. Speichern und Laden sind zwei der meistgebrauchten Termini. Beide referieren auf das Gleichnis elektronische Daten = bewegliches (Stück-) Gut. Daten sind im wahrsten Sinne des Wortes abzählbar; daher kommen ihnen die gleichen Eigenschaften wie Stückgütern zu. Man kann sie z.B. stapeln und umschichten. Die Erklärung der Speicherverwaltung erfolgt auf diese Weise. Und fast unmerklich hat sich dieser Begriff in die Erklärung eingefügt – der Speicher. Es handelt sich dabei um einen Aufbewahrungsort für verschiedene transportierbare Güter. Wann die neue Bedeutung auf das Wort Speicher übertragen wurde, kann nicht genau ermittelt werden. Wesentliche Konzepte der Computertechnik basieren jedoch darauf. Als Beispiel sei hier die sogenannte Batch-Datei genannt. Es handelt sich dabei um eine (übersetzte) Stapelverarbeitungsdatei. Die Daten werden wie von einem Stapel nacheinander aufgenommen und verarbeitet. Die sogenannte umgekehrte polnische Notation bedient sich ebenfalls der Stapel-Metapher. Die Daten, welche gestapelt wurden, müssen auch in der gleichen (umgekehrten) Reihenfolge wieder abgearbeitet werden (Prinzip des Spiels Türme von Hanoi). Der zweite wichtige Terminus laden versucht konzeptuell einen anderen Weg. Daten werden auf etwas geladen (auf die Diskette, auf die CD-Rom) und selten in (aber in den Speicher) etwas geladen. Vorstellbar wäre die Erklärung, dass man das Datenspeichern mit dem Aufschreiben vergleicht. Dabei werden die Zeichen immer auf einen Träger (Papier, Tontafeln, etc.) geschrieben. Bei der elektronischen Speicherung werden jedoch einzelne Abschnitte einer Trägersubstanz magnetisiert oder entmagnetisiert. Es handelt sich also streng genommen um eine Speicherung in etwas. Es bleibt im Wesentlichen festzustellen, dass das metaphorische Konzept lautet: Daten sind transportierbare Stückgüter. Dies passt auch in die Maschinen- Metapher des ganzen Computers, da Maschinen ja oft auch aus einzelnen Gütern oder Teilen etwas Neues zusammenfügen. Weitere Beispiele für das Bilden von Instanzen sind die Begriffe Betriebssystem und Programm. Das Betriebssystem erkennt und verarbeitet. Es werden Handlungen vollzogen die scheinbar eigenbestimmt sind. Programme verwalten ebenfalls Daten und erledigen Arbeiten. Außerdem werden mit dem Computer neue Verben verknüpft wie z.B. lesen, verarbeiten, ausgeben, verpacken. Es zeigt sich an dieser Stelle des Buches von Jürgen Bayer, dass zu Beginn der Erklärungen bereits eine inkonsistente Verwendung der Metaphern vorliegt. Es wird nicht klar, ob überhaupt und falls ja, wie die einzelnen Entitäten zusammenarbeiten. Der Leser wird im Unklaren darüber gelassen, ob es bspw. Prioritäten gibt, ob „jemand” die Oberhand im System Rechner hat. Desweiteren werden als kleinste Einheit im Rechner die Bits eingeführt. Sie können Zustände annehmen und zwar jeweils genau einen von zwei möglichen. Was wiederum offen läßt, ob sie dies aus freien Stücken tun oder das von einer anderen Entität gesteuert wird. Das Betriebssystem speichert Daten. Die Interpretation der gespeicherten Daten ist allerdings nicht Sache des Betriebssystems, sondern eine Aufgabe des Programms. Das ermöglicht dem Programm lediglich seine Daten in Form von Dateien auf einem Speichermedium zu speichern und wieder einzulesen. (S. 40) Also unabhängig voneinander operierende Entitäten? Wurde vorher nicht erklärt der Computer speichert Daten? Wer speichert denn nun die Daten – Computer, Betriebssystem oder Programm oder alle gemeinsam? Hier stiftet der häufige Gebrauch der Verben eine gewisse Verwirrung. Laut Duden der Informatik ist ein Programm eine Formulierung eines Algorithmus und der dazugehörigen Datenbereiche in einer Programmiersprache. Alles klar? Vereinfacht ausgedrückt ist ein Programm eine Folge von gespeicherten Anweisungen für den Computer. Mit einem Programm sagen Sie einem Computer also, was er zu tun hat. (S. 40) Wir sprechen also schon mit unserem Computer? In einer Zwischenbilanz läßt sich feststellen, dass es einen Metaphern- bzw. Konzeptwechsel gegeben hat. Der Computer ist von einem unbelebten Wesen zu einem belebten aufgestiegen. Er ist scheinbar ein System mit einzelnen Subsystemen (Betriebssystem, Programme), die autark handeln können. Programme im Computer bestehen also aus Anweisungen, die je nach Bedarf mit Schleifen wiederholt ausgeführt und mit Verzweigungen bedingungsabhängig ausgeführt werden. Anweisungen sind Befehle (die zu einer Aktion führen) oder Zuweisungen von Berechnungen

Jürgen Bayer, Programmierung, S.48 Computer sind doof. Sie müssen dem Computer alles, aber auch alles sagen, damit er korrekt arbeitet. Sie können nicht voraussetzen, dass der Computer abstrakt formulierte Anweisungen wie ein Mensch interpretieren kann. Einem Menschen können Sie einfach sagen: * Geh Kaffee kochen*, einem Computer nicht.

an Variablen. (S. 48) Die Metapher des Programms wird hier näher und in Einzelheiten erklärt. Dies ist ein Trend, der sich bei allen Erklärungen beobachten läßt. Eine scheinbar atomare Ebene bilden die Bits der Daten. Diese verbinden sich zu Bytes und so fort. Dateien bestehen aus einzelnen Daten und Programme also aus Anweisungen. Hier wird das erste Mal eine konkrete metaphorische Zuweisung getätigt: Anweisungen sind Befehle. Das Konzept des Befehlens setzt jedoch einen Befehlsgeber und einen Befehlsempfänger voraus.50 Ganz zu schweigen von einer gewissen Disziplin, wenn nicht gar Gehorsam bei der Ausführung des Befehls. An eben jener Disziplin scheint es einigen Programmen zu mangeln. Diese beide Seiten werden aber nicht genannt. Oder man kommt nach einiger Überlegung dazu, dass das Programm beides in einem ist. Die Termini Schleife, Verzweigung und Variable gehören zu einer anderen Erklärungsgruppe, nämlich zu derjenigen der Programmierung. Kapitel 1.6 ist mit der Frage überschrieben: Wie wird ein Programm geschrieben und übersetzt? überschrieben. Es wird also davon ausgegangen, dass der Computer den Anwender nicht ohne weiteres versteht. Der Computer versteht nur die beiden Zustände 0 und 1. Programme, die der Computer direkt verstehen soll, müssen demnach aus diesen beiden Zuständen zusammengesetzt sein. Der Computer spricht nur eine bestimmte Sprache mit Wörtern (Befehlen), die nur aus 0 und 1 zusammengesetzt sind. Theoretisch haben Sie die Möglichkeit, Programme direkt in dieser Computersprache, der Maschinenspache, zu schreiben. (S. 53) Der Computer ist also eine Entität, die uns nicht versteht und eine eigene Sprache hat. Es wird eine direkte Metapher gebildet: Wörter sind Befehle. Nun haben wir uns wieder ein Stück entfernt von der Maschinen-Metapher oder kennen Sie Maschinen mit denen Sie sprechen können? Im weiteren Verlauf der Erklärung wird ein kurzer Abriss der Computersprachen gegeben. Assemblersprachen erleichtern den Nutzern das Verstehen der Sprache, sind aber schon älter. Auf dem heutige Stand der Technik sind höhere Programmiersprachen. Höher heißt in diesem Falle weniger abstrakt. Wie schon bei der Erklärung Bits – Daten – Dateien – Anweisungen – Programme wird hier eine Richtungs-Metapher verwendet. Von unten nach oben bedeutet: vom Abstrakten zum Anschaulichen und auch vom Älteren zum Jüngeren/ Moderneren. Ältere Betriebssysteme wie DOS erlauben einem Programm, sowohl Maschinensprache- als auch BIOS51 Basic Input Output System – Ein Programm, das grundlegende Funktionen des Rechners steuert.- und Betriebssystembefehle zu verwenden. Moderne Betriebssysteme, wie z.B. Windows 2000, erlauben einem Programm meist gar nicht, Maschinensprache- oder BIOS-Befehle direkt aufzurufen. Das Programm muss Befehle verwenden, die das Betriebssystem zur Verfügung stellt. Das Betriebssystem behält somit die Kontrolle über die Daten des Systems. (S. 55) Auch das Betriebssystem erhält bei dieser Beschreibung den Status einer belebten, selbstständig handelnden Entität. Ich möchte an dieser Stelle mit der Betrachtung des ersten Textes enden. Das erste Kapitel in Bayers Buch ist ebenfalls nach der Erklärung von Assembler, Compiler und Interpreter beendet. Dieses erste Kapitel sollte dem Leser einen Einblick in den grundlegenden Aufbau eines Computers geben. Es werden dabei Metaphern verwendet. Jedoch ist ihr Gebrauch nicht durchgängig gleich. Mit zunehmender Komplexität wird die Erklärung und der Gebrauch der Metapher verwirrend (Wer steuert die ablaufenden Prozesse?). Zu Beginn der Erklärungen wird der Computer maschinenähnlich beschrieben. Dieses Konzept ändert sich jedoch zunehmend. Am Ende des Kapitels gewinnt man den Eindruck, der Computer ist ein aus mehreren selbstständig handelnden Entitäten zusammengefügtes System.

Das Handbuch zu SuSE Linux 7.1

Eine besondere Kategorie der Computer-Literatur sind die Handbücher (Manuals) zu Programmen oder Computer-Hardware. Zum einen immer wieder ein Quell der Heiterkeit aufgrund kruder Übersetzungen ins Deutsche, aber auch Anlass zur Verzweiflung, da man rein gar nichts versteht. Eine Ausnahme bilden also lesbare, verständliche Handbücher. Das alternative Betriebssystem Linux macht alles anders, besser und ist sowieso per se moralisch zu unterstützen. Das Handbuch für Installation, Netzwerk und Know-how verspricht Linux Know-how auf über 660 Seiten. Es richtet sich an etwas fortgeschrittene Computerbenutzer, die grundlegende Termini der Fachsprache schon kennen. Kapitel 1.1 Was ist Linux? Das eigentliche Linux ist der Kernel, das „Herz” eines jeden Unix-Betriebssystems. (S. 4) Der Beginn einer wunderbaren Metapher? Herz setzt einen lebenden Organismus voraus – Linux ein lebender Organismus? Der Terminus Kernel wird in einem Glossar wie folgt erklärt: Der Kernel ist das Herz des gesamten Systems. Im Kernel laufen alle Fäden zusammen: die Speicherverwaltung, die Führung der Prozesstabelle, Management von Multitasking- und Multiuser-Fähigkeit, die Verwaltung und die Zugriffe auf die Dateisysteme, die Treiber für die Zugriffe auf die jeweilige Hardware etc. Diese Features können z.T. als Module realisiert werden; vgl. Kapitel 13 auf Seite 403. (S. 601) Die Metapher wird wieder verwendet, des weiteren wird die Metapher eines Netzes bemüht. Genauer gesagt eines Netzes in dem alle Fäden in der Mitte zusammenlaufen. In der Mitte des Netzes, befindet sich also das alles steuernde Element. Des weiteren heißt es zum Betriebssystem: Ein Kernel allein ist aber noch kein Betriebssystem. Gerade unter Unix gibt es ein gigantisches Angebot an freier Software; somit sind praktisch alle unter Unix gängigen Dienstprogramme auch für Linux verfügbar. Diese machen das eigentliche Betriebssystem aus. (S. 4) Die freie Verfügbarkeit wird im Zusammenhang mit Linux und Unix oft angesprochen meist mit einer Formulierung wie: Es gibt ein unerschöpfliches Reservoir an frei verfügbarer Software. Bei der Erklärung wird auf die Gefäß-Metapher zurückgegriffen. Das System Unix fungiert als Aufbewahrungsgefäß für die Software. Ebenfalls im Zusammenhang mit Software wird von vielen kleinen und größeren Werkzeugen gesprochen. Das führt uns auf indirektem Weg zurück zur Maschinen-Metapher für den Computer, denn Werkzeuge werden ja u.a. zum Reparieren von Maschinen benutzt. YaST252 YaST – Yet another Setup Tool, eine Installationshilfe. Der Claim Jetzt ein anderes ... findet sich oft in der Computersprache (z.B. Yahoo) um zu zeigen, dass man einen neuen Weg beschreitet. steht als ein intelligentes Werkzeug bei der Erst- oder Neuinstallation des Systems unter einer grafischen Benutzeroberfläche zur Verfügung. (S. 15) Die Weiterführung der Maschinen-Metapher. Allerdings findet sich hier eine Metapher in der Metapher. Das intelligente Werkzeug müsste ja selbstständig arbeiten, eben wie eine selbstbestimmte Entität. In diesem Sinne werden YaST2 einige weitere Verhaltensweisen und Handlungen zugesprochen. Hier und in den folgenden Dialogen wird YaST2 nur Informationen sammeln. Später wird Ihnen YaST2 diese Informationen übersichtlich präsentieren. (S. 19) Also wieder ein Schritt weg von der Maschinen-Metapher, hin zum selbstständig handelnden Organismus. Im weiteren Verlauf der Installationsanweisung finden sich eine Menge Einzel- Metaphern wie: exotische Hardware, Begrüßungsbildschirm und auch bereits bekannte computer-fachsprachliche Metaphern wie: Maus, Schaltflächen, Knöpfe. Die Metaphern sind eingängig, leicht erklärbar. Bei exotischer Hardware kann sich sicher jeder vorstellen, dass es sich dabei nicht um Standard-Bauteile handelt. Etwas schwieriger ist der Fall bei den bereits als bekannt vorausgesetzten Fachbegriffen. Bei der Maus im Zusammenhang mit Computern handelt es sich um eine Zeige-Gerät für den Computerbildschirm. Das ursprüngliche Gerät war eine Holzbox mit Rädern. Wie die Bedeutungsübertragung genau von statten ging, ist nicht genau erklärbar. Douglas Engelbart bemerkt dazu: I don’t know why we call it a mouse, he said during the demo. It started that way, and we never did change it.53 URL am 10.02.2012 http://www.scientificamerican.com/article.cfm?id=origins-computer-mouse Nachdem die Bezeichnung Maus/Mouse sich mit ihrer neuen Bedeutung etabliert hat, findet nun ein Bedeutungstransfer in andere Richtungen statt. Geräte, Werkzeuge (Dinge im weitesten Sinne), die eine ähnliche Größe und Form haben, ähnlich benutzt werden, werden mit der Bezeichnung Maus versehen. Es findet ein Bedeutungswandel statt. Die tierischen Eigenschaften treten in den Hintergrund, die des technischen Geräts (Handlichkeit) treten in den Vordergrund.

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Die Metapher: YaST2 = Lebewesen/ Organismus wird während der weiteren Erklärung immer wieder benutzt. YaST2 zeigt, nutzt, erlaubt und richtet ein. Das schon im vorangegangenen Abschnitt besprochene System wird auch hier versucht zu erklären. Eine sogenannte Grundausstattung muss gewählt werden. Man kann sich zwischen ‘Fast alles’, ‘Minimales System’, ‘Standard-System’ und ‘Standard-System mit Office’ wählen. Diese Beschreibung referiert wieder auf den modularen und aufbauenden Charakter des Betriebssystems. Aufbauend auf einer dieser Zusammenstellungen („Grundausstattung”) erlaubt der Button ‘Erweiterte Auswahl’ einzelne Komponenten oder Anwendungen („Pakete”) hinzu zunehmen oder auszuschließen. (S. 22) Komponenten oder Pakete alles vertieft die Metapher vom Zusammenfügen oder Zusammenbau eines komplexen Systems. Beim Auswählen der Anwendungen kann man Zugriff nehmen, ähnlich wie man Teile aus einer Kiste oder einem Regal nimmt. Eine blumige Metapher schildert die Vielfalt der Programme: Wenn sie zu einem schnellen Ergebnis kommen wollen, sollten Sie sich während der Erstinstallation nicht zu sehr in den Dschungel der Anwendungen vertiefen. (S. 23) Im Bezug auf das Betriebssystem wird eine weitere dynamische Metapher etabliert. Das System muss starten. Dies übernimmt der Linux Loader (LILO). Wenn man load als Ladung übersetzt, kommt man zum Vorgang des Aufladens. Linux wird gewissermaßen auf die Festplatte des Computers geladen. Da LILO nicht übersetzt wird möchte ich hier auch nicht weiter auf den Unterschied zwischen aufladen (eines passiven Objekts) und starten (eines aktiven Objekts) eingehen. Unix ist ein Mehrbenutzer-Betriebssystem. Um den verschiedenen Nutzern eigene Rechte einzuräumen und private Datenablage zu ermöglichen, werden Benutzerkonten eingerichtet. Im ursprünglichen Sinne versteht man unter einem Konto die Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben, Forderungen und Schulden. Die Bezeichnung ist uns aus der Fachsprache des Geldverkehrs geläufig. Persönliche Daten werden im Computer gespeichert und wir haben besonders gesicherten Zugriff auf diese Konten. Genau diese Eigenschaften machen die Bedeutungsübertragung möglich. Auch beim Benutzerkonto im Linuxsystem hat nur der jeweilige Benutzer Zugriff auf seine Daten, die speziell vor anderen gesichert werden. Eine Eigenheit des Unix/Linux-Systems sind die sogenannten ‘root’-Privilegien. Es handelt sich dabei um bestimmte, weitreichende Rechte die Daten auf einem Rechner zu manipulieren. Das englische root bedeutet soviel wie Wurzel, Fuß, Stumpf oder auch Grund. Im Bezug auf das System hat der Nutzer mit root-Privilegien Zugriff auf die Wurzel oder den Grund des Systems, er hat den Status eines Systemadministrators. Dies verlangt besondere Verantwortung und Sorgfältigkeit, sowie detailierte Fachkenntnis des Systems. Nachdem einige Vorbereitungen abgeschlossen worden sind, endet der Abschnitt mit dem bedeutungsschwangeren: Wenn Sie jetzt ‘weiter’ die Weiter-Taste drücken sagen, wird es ernst mit der eigentlichen Installation. (S. 25) Abgesehen davon, dass wir schon wieder mit unserem Computer sprechen, findet sich die Wendung es wird ernst. Eine alt eingeführte, konventionelle Metapher, welche die besondere Bedeutung der jeweiligen Situation verdeutlichen soll. Und auch bei der Installation eines Betriebssystems sollte man nicht in eine stumpfsinnige ‘Weiter- Klickerei’ verfallen. Die besondere Hervorhebung des nächsten Schrittes ist didaktisch, in meinen Augen, besonders wertvoll. Im weiteren Verlauf des Textes tauchen wieder einzelne Metaphern auf, die besondere Schlüsse zulassen. Eine davon ist die Update-Strategie. Besonders interessant, da der Terminus Strategie von Lakoff54 Lakoff; S. 12ff. in beispielhafter Weise gebraucht wird. Strategie deutet nach seiner Meinung auf einen Kampf bzw. eine Auseinandersetzung hin. Wir müssten also nach einem Feind suchen, den wir mit der Update-Strategie bekämpfen können. Im Zusammenhang mit der Installation wird zunächst ein Basissystem installiert, was auf die Beibehaltung der Schicht-Metapher schließen läßt. Im Abschnitt Mögliche Probleme heißt es: Der verwendete SCSI-Adapter wird nicht erkannt. (S. 34) - Schlussfolgerung: es sollte eine intelligente Entität geben, die das sonst bewerkstelligen kann. Oder auch: Das ATAPI-CD-ROM-Laufwerk bleibt beim Lesen hängen ... (S. 35) Einfach erklärt: Hängen bleiben heißt nicht weiter/ vorwärts kommen. Der Installationsprozess ist also angehalten wurden. Und wir stoßen auch wieder auf die laden-Metapher: Unter bislang ungeklärten Umständen kann es zu Problemen beim Laden der Daten in die RAM-Disk kommen, so dass YaST nicht geladen werden kann. (S.35) Auch die sogenannte RAM-Disk wird, ebenso wie vorher der Computer, als beladbare Entität etabliert. Es läßt sich an dieser Stelle schon feststellen, dass das Beladen die am häufigsten gebrauchte Metapher im Zusammenhang mit Softwareinstallation ist. Es gibt auch andere Begriffe für denselben Prozess, z.B. aufspielen55 Durch eigene Beobachtungen konnte ich feststellen, dass meist Menschen aus dem südwestdeutschen Raum diesen Begriff benutzen.(Kapitel 2.2.7 Systemsoftware und Programme). Für die Gefäß-Metapher sprechen auch die Verwendung der Attribute viel und wenig. Auch die Größe einer Partition auf der Festplatte kann man vergrößern oder verkleinern, ganz wie Speichereinheiten/ -plätze für Schüttgüter, welche mit Trennplatten vergrößert oder verkleinert werden. Je weiter die Konfiguration des Systems voranschreitet, desto mehr tauchen als bekannt vorausgesetzte Computer-Termini auf. Eine zentrale Metapher ist die des Netzes, so gibt es z.B. das Netzwerk, die Netzwerkonfiguration und die Netzwerkkarte, sowie Netzwerktypen und aus dem Englischen Ethernet und Netmask. Da diese Metapher hier nicht neu etabliert wird, möchte ich im Moment auch nicht darauf eingehen, sondern auf das etymologische Glossar am Ende der Arbeit verweisen.

Es gibt jedoch auch Metapher, die die Nutzer im Unklaren lassen. Wenn Sie von Ihrem Systemadministrator oder von Ihrem ISP56 Internet-Service-Provider - eine Firma, die einer Privatperson Zugang zum Internet verschafft. keine Vorgaben bekommen haben, können Sie sich hier was Nettes aussuchen. (S. 43) Was Nettes aussuchen? - Was soll das sein? Eine der treffendsten Metaphern findet sich in der Fehlermeldung kernelpanic wieder. Wenn man dem Text entnommen hat, was der Kernel, ist kann man leicht auf die Bedeutung von kernelpanic schließen. Davon ganz abgesehen, geraten nur lebende Organismen in Panik, was den Schluss zuläßt, dass der Kernel als ein solcher angesehen wird. Die restlichen ca. 600 Seiten des Installations-Handbuches enthalten sicher weitere Metaphern, dennoch wurden grundlegende Erkenntnisse schon aus diesem Abschnitt gewonnen. Eine Zusammenfassung aller Fakten gibt es am Ende des Kapitels drei.

PC-Professionell (Zeitschriftenarchiv 1995-2000)

Eine andere Textsorte, als die bisher besprochenen, stellen die journalistischen Texte dar. In den beiden vorangegangenen Texten schrieben die Experten immer selbst, es war eine Erklärung aus erster Hand. Journalisten erhalten Informationen und bereiten sie auf. Erst in zweiter Linie sind sie Experten für ihre Spezialgebiete57 Was aber gerade bei guten Computerzeitschriften nicht immer so klar zu unterscheiden ist. Auf der Computer-Messe COMDEX in Las Vegas zeigt die Firma Texas Instruments ihren neuen Notebook-PC. Sein Herz ist ein 75-MHz-Pentium-Processor, ... (1/95 S.4)58 Alle Seitenangaben beziehen auf die elektronische Ausgabe der Zeitschrift PCpro auf der Archiv-CD-ROM. Die Seitenzahlen sind mit denen der Druckausgabe nicht identisch. Keine technische Erklärung aber immerhin die erste Metapher. Der Computer ist also auch bei Journalisten ein lebendiges Wesen. Neben Mulimedia bilden Information Superhighway und Windows 95 die wichtigsten Trends der Comdex. (1/95 S. 5) Der Begriff Superhighway ist einer der wenigen, dessen Entstehung sich genau datieren läßt. Der Begriff wurde Anfang der 90er Jahre vom heutigen (2000) amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore geprägt. Der Information Superhighway soll als riesiges und sehr schnelles Hochgeschwindigkeitsnetz z.B. Videofilme übertragen können oder Videokonferenzen am Computer ermöglichen.59 Jürgen Abel; Cyber – Die Sprache des Internet von A bis Z; Verlag C.H. Beck; München; 2000; S. 42. Dieser englische Begriff wurde im Deutschen mit Datenautobahn übersetzt. Und bekannt wurde er auch auf Grund des gründlichen Nicht-Verstehens dieser Metapher. Über Bundeskanzler Helmut Kohl lachte 1994 die EDV-Szene, als er sich in einer Fernsehsendung auf die Frage nach einer deutschen Datenautobahn, über den Dauerstau auf den Bundesautobahnen ausließ.60 Ebd Ähnlich wie in den vorangegangenen Beispielen wird auch hier wieder versucht, einzelnen Entitäten organische Eigenschaften zuzuordnen. Hier geht es jedoch vorrangig um Hardware-Computerkomponenten. 40 oder 50 MHz mag der P24T nicht, überlebt sie zwar, verweigert aber den Dienst. (2/95 S. 9) Es treten aber auch Metapher auf, wie: Der Prozessor, dessen Kern dem eines 90-MHz-Pentium entspricht, ... (2/95 S. 9) Der Kern als Sinnbild für etwas inneres wurde schon oft für Metaphern verwendet. Es gibt z.B. den Kern des Pudels. Bezug genommen wird immer auf eine innen liegende und zum Teil auch versteckte Sache. Diese ist jedoch für das sie umgebende Gebilde außerordentlich wichtig. Insofern beschreiben die Metaphern Herz und Kern den Prozessor (CPU) eines Computers sehr treffend. Des weiteren stößt man in dem Artikel von 1995 noch auf die Bezeichnung Pentium- Mutterplatine, welche eindeutig metaphorisch belegt ist. In neueren Publikationen (2001) wird sie jedoch nicht mehr verwendet, da sich der englische Terminus Motherboard durchgesetzt hat. Die Frage des Monats Februar 1995 betraf neue Technologien. Neue Technologien, Produkte und Anwendungen brauchen immer eine gewisse Zeit zum Reifen. (2/95 S. 12) Interessant in dieser Zeile ist die besondere Hervorhebung der Metapher. Der Autor war sich scheinbar nicht sicher, ob seine Bedeutungsübertragung erkannt wird. Sollte die Software der ersten Generation noch das Arbeiten am Computer erleichtern, so geht heute der Trend zur Teamarbeit am Computer. Und die Software der neuen Generation trägt den Namen Groupware. (2/95 S. 13) In dieser Überschrift wird der Begriff der Generation gebraucht. Es gibt eine erste Generation und eine neue. Folgt man der innewohnenden Bedeutung des Begriffs Generation, so baut die neue auf die alte auf. Mehr noch, es besteht gewissermaßen ein Hervorbringungs- und Vererbungszusammenhang. Die Metapher der Generationen wurde auch schon von Wichter (siehe Kapitel 3.1) bemüht. Sie passt sehr gut, wenn es darum geht, eine Folgeentwicklung zu beschreiben. Im weiteren Verlauf der Erklärung von Groupware wird von einer breiten Palette von Anwendungen gesprochen. Dies signalisiert wieder die Vorstellung eines Gefäßes, in dem Anwendungsprogramme gleichsam gesammelt werden. Das Auftreten einer weiteren nicht-technischen Metapher läßt sich in diesem Artikel beobachten. In einer Randglosse wird über die Beschwerden vieler Nutzer über den hohen Preis der Software berichtet. Die Herstellerfirma entschloss sich daher eine funktionsgeminderte, aber preiswertere Version unter dem Namen Notes-Express herauszugeben. Der Zusammenhang Name-Preis wird genau erläutert. (2/95 S. 16) Bis heute hat sich der Anhang Express für eine Sparvariante der eigentlichen Software durchgesetzt. Es gibt z.B. Outlook Express oder auch Frontpage Express. Ein weiterer Hervorhebungsfall tritt im Text auf. Es handelt sich dabei um den normalsterblichen Anwender. Hier wird ein weiterer metaphorischer Bogen geschlagen. Unsterblich sind seit jeher Helden und Götter, normalsterblich ist der Rest dieser Welt. Was uns aber hier gesagt werden soll, ist: Man muss kein Computer-Gott sein, um diese Software zu verstehen und zu bedienen. Ein Jahr später verraten uns Journalisten, wo die Daten-Post abgeht (1/96 S. 99). Basis dieser Methapher ist hier die Redewendung „Da geht die Post ab”, welche die Bedeutung hat: Hier laufen Prozesse sehr schnell ab. PCpro testet, wie komfortabel Zugänge zum Cyberspace sind. (Ebd.) Das Wort Cyberspace ist einer der Schlüsselbegriffe der letzten Jahre. Streng genommen handelt es sich um ein Konglomerat von Ergänzungen zur Vorsilbe Cyber-. Sie werden immer dann verwendet, wenn es um Dinge geht, die sich im Internet befinden oder in engem Zusammenhang mit ihm stehen. Netz wäre eine angemessene Übersetzung ins Deutsche. Wie bereits erwähnt wurde Cyberspace das erste mal von William Gibson in seinem Roman Neuromancer verwendet. Die Wurzel geht wahrscheinlich auf das griechische kybernetike zurück. Es bedeutet soviel wie Steuermannskunst. Bis heute hat sich der Bedeutungsanteil des Steuerns erhalten, nur geht es jetzt um die Steuerung komplexer Maschinen wie Computer und Roboter.61 Das Wort Roboter wurde vom tschechischen Schriftsteller Karel Capek erstmals verwendet und leitet sich aus der Wurzel robota für (Fron-)Arbeit ab. Im Cyberspace gibt es also Cyberpunks, Cyberboys und Cybergirls, man trifft sich in Cybercafés, plaudert im Cyberslang und bezahlt mit Cybercash.62 Abel; S. 39 Cyber- fungiert gleichsam als Etikett welches bedeutet: modern, technisch aufgeschlossen, Internet konform. In diesem einen Wort, oder besser dieser einen Silbe spiegelt sich der Zeitgeist der Neunziger. Es hat außerordentlich starke metaphorische Kraft. Ein weiteres kleines Universum ist um das Wort Java entstanden. Eigentlich ist Java eine Insel im indischen Ozean. Dort wird eine bekannte Kaffeesorte angebaut. Und diese ist bei den Programmierern sehr beliebt. Anfang der Neunziger wurde von eben solchen Programmierern eine neue Programmiersprache entwickelt, die sie Java nannten. Sie war revolutionär, weil man Programme schreiben konnte, die auf allen Betriebssystemen liefen (plattformunabhängig). Zur Technik ließe sich noch einiges ausführen, hier geht es aber um die Sprache. Java animierte anscheinend alle Journalisten zu besonders kreativer Wort- und Metaphernfindungen. Hier einige Beispiele: Java-Applikationen – Krönung oder kalter Kaffee? Der lange Weg nach Java. Die Kaffeemühlen kommen. Frisch geröstet. Kaffee nachgeschenkt. (2/1997 S. 42ff) Wir stoßen auf eine Vielzahl von Metaphern, deren Interpretation einiges Hintergrundwissen erfordert. Krönung oder kalter Kaffee. In Deutschland hat diese Bezeichnung besondere Bedeutung, da ein großer Kaffeeröster unter diesem Namen (Krönung) sein Spitzenprodukt vertreibt. Kalter Kaffee, dass dürfte jedem klar sein, ist einfach nur unappetitlich. Also lautet der Schluss der Interpretation: Sind Java-Anwendung eine Verbesserung oder nicht? Wer die deutsche Kaffeemarke nicht kennt, muss zwangsläufig bei der Interpretation der Metapher scheitern. Eine Kaiser- oder Königskrönung und kalter Kaffee passen irgendwie nicht zusammen. Auch bei den Kaffeemühlen muss der Leser etwas um die Ecke denken. Was ist die Funktion der Kaffeemühle? Kaffeebohnen zerkleinern. Was machen also die so bezeichneten Programme? Sie zerkleinern Java oder besser gesagt sie zerlegen den Code, so dass er für Programmierer erkenn- und bearbeitbar wird. Frisch geröstet versucht eine Beziehung zu neu herzustellen. Kaffee ist nur frisch, wenn er gerade geröstet wurde. Die Programme, die also frisch geröstet wurden, sind gerade erst entstanden. Die Liste der Java-Beispiele ließe sich noch um einiges ergänzen. Es sollte jedoch jetzt schon klar geworden sein, wie eine einzige Metapher Ausgangspunkt für eine ganze Reihe kreativer Neuentwicklungen sein kann. Kreativ gehen auch zwei bis auf’s Messer verfeindete Gruppen von Computer- bzw. Betriebssystemnutzern miteinander um. Es handelt sich dabei auf der einen Seite um Nutzer von Computern mit Intel-Prozessoren und DOS/ Windows- Betriebssystem und auf der anderen Seite Besitzer von Apple Macintosh Rechnern mit dem Betriebssystem Mac OS. Aus Intel und Windows wird Wintel und die Rechner mutieren zu DOSen (von Disk Operation System). Ein Redakteur beschreibt in seiner Glosse die Situation wie folgt: Vorreiter Macintosh. Es braucht immer ein Weilchen, bis sich die Innovationen des Macintosh auf dem PC durchsetzen, schon weil große Massen träge sind, und das ist nicht nur rein physikalisch gemeint. So dauerte es rund zehn Jahre, bis die 1984 auf dem Mac eingeführte Oberfläche samt DTP und Photoshop halbwegs perfekt kopiert und die Schlacht der Mäuseschubser gegen die DOS-Kryptohacker geschlagen war. (1/2000 S. 24) Die Überschrift Vorreiter Macintosh ist verständlich, denn Vorreiter kennt man auch aus dem normalen Alltag. Es wird damit eine Person oder Gruppe von Personen bezeichnet, die neue Ideen durchsetzen und selbst leben. Sollte das jemandem unbekannt sein wird es nachfolgend noch einmal erklärt. Nach einem kurzen Ausschnitt Technikgeschichte folgt jedoch eine sehr schwer zu begreifende Metapher: die Mäuseschubser gegen die DOS-Kryptohacker. Um dies zu interpretieren, ist eine Menge Fachwissen nötig. Die Mäuseschubser sind in diesem Falle die Apple- User. Beim Mac OS können viele Manipulationen grafisch ausgeführt werden, d.h. z.B.: Eine Datei anklicken, markiert lassen und mit der Maus bzw. dem Mauszeiger in dem Papierkorb (Papierkorbsymbol auf dem Desktop) ziehen. Die Datei gilt somit als gelöscht. Während also die Apple-User sich so das Arbeiten erleichtern konnten, waren die PC-User noch etwas unkomfortabler dran. Das DOS (Disk Operating System) war vorerst nur im Kommandozeilenmodus zu bedienen. Vorausgesetzt man kannte die entsprechenden Befehle, konnte man auch eine Datei löschen. Ein Beispiel dazu:

move c:\texte\haus c:\texte3

verschiebt das Verzeichnis

Texte\Haus

nach

Texte3

Falls ein gleichnamiges Verzeichnis existierte, wurde es überschrieben. Beim Mac musste man die Datei vermutlich nur anklicken und in den entsprechenden Ordner ziehen. Und nun wird auch klar, was unter den DOS-Kryptohackern zu verstehen ist. Und man muss natürlich auch wissen, dass es sich bei der Maus um ein Bildschirmzeigegerät handelt. Besonders Überschriften sollen dem Leser die nachfolgenden Artikel schmackhaft machen. Also wird nach einer bekannten Assoziation gesucht. Doppel-Hertz – Gleich zwei der schnellen Rage-128-Pro-Chips arbeiten auf der Rage Fury Maxx parallel und sollen ATI eine Führungsrolle auch bei den leistungsfähigen Grafikkarten erschließen. (1/2000 S. 42) Auch wenn man von diesem Satz nur wenig verstanden hat, soviel dürfte klar sein: Auf der Platine arbeiten zwei Schaltkreise, die so wichtig sind wie zwei Herzen. Nach dem der deutsche TV-Konsument jahrelang mit Werbespots einer bestimmten Marke penetriert wurde, kann er sich unter Doppel Her(t)z doch etwas gut und kräftig Arbeitendes vorstellen. Teurer Zwilling – völlig klar ein Gerät gleicht einem anderen, wie eben ein Zwilling dem anderen, bis auf einen winzigen Unterschiede (im darauf folgenden Artikel u.a. der Preis). Der Partitions-Jongleur kann schwierige Kunststücke, in diesem Falle auf dem Gebiet der Plattenpartitionierung (Aufteilung) ausführen. Was ist schmal und nur fingerdick? Genau ein Powerriegel genannter Handheld-PC. Genauer gesagt die Klasse der kleinsten Rechner auf denen Sonderversionen unserer bekannten Betriebssysteme laufen. Und diese sollen nicht für klein oder kraftlos gehalten werden. Als kurzes Fazit läßt sich feststellen, dass in den journalistischen Texten Metaphern punkthaft eingesetzt. Zusammenhänge kommen weniger zum tragen.

Online Magazin Telepolis

Als Magazin der Netzkultur beschreibt sich Telepolis aus einem bekannten deutschen EDV-Zeitschriften Verlag. Im Gegensatz zu den anderen Printpublikationen gibt es Telepolis jedoch nur im Internet. Es handelt sich also wieder um eine etwas andere Textsorte. Die meisten Online-Magazine sind sehr technik-fixiert. Man findet meist alles um neue Rechner, Platinen, Grafikkarten und Betriebssysteme. Die Macher von Telepolis hingegen schauen über den technischen Tellerrand. Es wird versucht, Technikentwicklung und Gesellschaft miteinander zu verbinden. Die Zielgruppe von Telepolis dürfte sehr speziell sein. Zum einen sind es nicht die „üblichen” Freaks, die nach neuen Overclocking63 Als Overclocking (dt. Übertakten) bezeichnet man das Manipulieren des Mainboards eines Rechners, um mehr als die vom Hersteller eingestellte Taktfrequenz zu erreichen- Tipps suchen und sich dementsprechend im Internet bewegen. Zum anderen sprechen die Inhalte eine Gruppe von Menschen an, die meist unter dem Label Intellektuelle summiert werden und schon von daher keinen Computer anfassen. Es richtet also an eine Schnittmenge dieser beiden Gruppen. Das Archiv von Telepolis umfasst Beiträge seit 1996.

Lego hält die Welt zusammen. Der Roboterbaukasten "Mindstorms" lehrt Kindern das Hacken (Konrad Lischka 16.12.2000). Jeder in unserem Kulturkreis kennt das Spielzeug des dänischen Herstellers und auch die komplexen Möglichkeiten seiner Verwendung. Metapher erkannt: Hier geht es um den Zusammenbau verschiedener kleiner Teile zu einem Großen. Der zweite Satz birgt schon weitaus mehr Gefahr in sich, denn der Begriff hacken ist fast durchweg negativ besetzt. Doch wird er hier in einer (der?) Grundbedeutung von System erforschen eingesetzt. Der zufällige Surfer könnte schwer verblüfft sein und eine Anleitung zu kriminellem Handeln vermuten. Lego war immer schon der drittbeste Freund des Hackers. Nach Computern und Telefonen. Denn die Philosophie der Kunststoffsteine mit den Noppen oben drauf und Röhrchen im Hohlraum gleicht den Hackerprinzipien: Vorgegebene Funktionsweisen erforschen, ignorieren, dann die Struktur auseinander nehmen, kennenlernen und zu etwas Neuem zusammensetzen und für etwas von den Konstrukteuren gänzlich unerwartetem verwenden. (Ebd.) Besser könnte eine Metapher nicht erklärt werden. Die Lego-Bausteine und ihre Verwendung stehen für das Konzept des Hackens. Bedeutungsübertragung: Die Lego-Steine kann man nach Anleitung zusammenbauen. Man wird vermutlich ein solides Ergebnis erzielen. Aber sobald man das Prinzip einer stabilen Konstruktion erkannt hat, kann man seiner eigenen Kreativität freien Lauf lassen. Das System der Lego-Steine ist flexibel; man kann es ausdehnen, für sich nutzen. Genau darum geht es bei der Konstruktion dieser Metapher. Man kann seinen Computer per AOL-Software ins Internet bringen und muss dazu mehrere MB Software auf dem Rechner installieren, oder man wählt den direkten und schlanken Weg über die wenige KB große DFÜ-Verbindung. Und als das Hacken von Telefonrelais vom Eindringen in Computernetze, um deren Funktionsweise zu entdecken, abgelöst wurde blieb der Antrieb derselbe wie beim Lego-Bauen. (Ebd.)

Der auch in Deutschland erhältliche Roboter-Baukasten "Mindstorms" sollte nicht nur Kinder ab zwölf von Videospielen zu Programmiersprachen bringen, sondern hatte auch gute Aussichten, Hacker vom Programmieren zurück zum Legostein zu bewegen. (Ebd.) Zurück zu den Legosteinen steht für: zurück zu den Wurzeln, zurück zu den Anfängen. Dem Autor gelingt ein geschickter Zirkelschlag. Im realen Leben verbinden sich Computer und Legosteine - der Computer findet zu seinen Wurzeln (systembezogen). Und metaphorisch steht der Legostein ebenfalls für die Anfänge einer Bewegung. In der Süddeutschen Zeitung wurde die Veröffentlichung eines Software-Quellcodes kürzlich treffend als "Blick in die Seele" beschrieben. So funktioniert heute die öffentliche Wahrnehmung: Programmieren wird nicht als Kommunikation, sondern als Zauberei angesehen. Der SF-Autor Arthur C. Clarke hat gesagt: "Jede ausreichend weit entwickelte Technologie ist nicht zu unterscheiden von Magie." Das darf nicht passieren. Denn was heute verschleiernd Informationsgesellschaft genannt wird, besteht wie eine Lego-Feuerwehr aus vielen gängigen Bausteinen. Wichtig ist allein, wer sie wie zusammensetzt. (Ebd.) Jetzt wird’s ganz schwer Quellcode = Blick in die Seele. Die Seele als Innerstes des belebten Körpers. In welche Seele schauen wir eigentlich? Ist es a) die Seele des Erzeugers des Quellcodes oder ist es b) die Seele der Maschine, die den Quellcode ausführt? Die hier vorkommenden Metaphern sind mehr Poesie als Erklärung, sehr schön aber schwer verständlich. Programmieren ist nicht Kommunikation, sondern Zauberei. Wie im Vorwort der Arbeit angeführt, ab einem bestimmten Abstraktionsgrad schwindet die Anschaulichkeit. Als die Metallkontakte noch über die Lochkarten glitten, konnte Jederman sehen, warum die Karten in die Fächer sortiert wurden. Jetzt geschieht alles im Verborgenen, gleich magischer Illusion bekommen wir Ergebnisse, deren Entstehung wir nicht verfolgen konnten und die wir manchmal gar nicht wollten. Am Ende des Textes spiegelt sich noch einmal ein Grundsatz/ Grundantrieb des Hackens wieder: erklären statt verschleiern. Und letztendlich die Hoffnung, dass unsere Computersysteme so einfach zu erklären wären wie der Aufbau einer Lego-Feuerwehr. Mit klarem Kopf durch die Cyberwelt (Helmut Bäumler 14.12.2001) unter dieser Überschrift wird das Buch „Datenjagd im Internet - Eine Anleitung zur Selbstverteidigung” von Christiane Schulzki-Haddouti besprochen. Zwei metaphorische Konzepte werden hier bemüht. Einen klaren Kopf behalten – diese Metapher wird konventionell benutzt, um zu beschreiben wie jemand in einer gefährliche und unübersichtlichen Situation überlegt und richtig handelt. Diese Situationen können also auch im Internet auftreten (unter der Voraussetzung wir verstehen unter Cyberwelt das Internet), so muss man aus der Überschrift folgern. Der Buchtitel enthält geballte metaphorische Informationen. Eine Jagd wird meist auf wilde Tiere veranstaltet. Eine Bedeutungsübertragung fand schon auf andere Dinge oder Gegenstände statt (Filmtitel: Jagd auf Roter Oktober64 Ein sowjetisches U-Boot., Buchtitel: Auf der Jagd nach Spitzenkräften). Der metaphorische Kern enthält die Bedeutung: Wir möchten etwas bekommen, dass nicht ohne weiteres zu bekommen ist. Die Sache entzieht sich uns oder wird uns entzogen. Nun die Bedeutungsübertragung auch im Internetbereich. Und die Metapher wird im weiteren Verlauf sogar noch vertieft. Es geht um staatlichen und privatwirtschaftlichen Datenhunger. Das passt, denn wer Hunger hat, geht jagen. Es gibt dort scheinbar Daten65 Im Internet gibt es eigentlich nur Daten., die jemand unbedingt möchte und deshalb jagen muss. Aber was bedeutet: Eine Anleitung zur Selbstverteidigung? Man verteidigt sich selbst, wenn man angegriffen wird. Wie aber können wir in unserer nicht körperlichen Form im Internet angegriffen oder sogar geschädigt werden? Im Verlauf der Buchbesprechung wird klar: Es geht um persönliche Daten von Internetnutzern. Das Recht auf Anonymität scheint bedroht. Die Situation wird durch neue Technologien immer mehr in Richtung Überwachung verändert. Geschützt werden muss die Privatsphäre des Internetnutzers. Sein Recht auf ein unbeobachtetes Leben auch im Cyberspace. Nicht nur Gesetze sichern diese Privatsphäre, sondern auch der Nutzer selbst kann die Datensammlung erschweren, wenn er dies will. Wozu all dieser Sammeleifer? Dass es nicht allen Sammlern und Jägern um das Überwachen als Selbstzweck geht, erfährt man im Kapitel „Datenwirtschaft”. (Ebd.) Die Metapher wird also noch ausgebaut. Wer die Jäger und Sammler waren, erfährt man in der Schule, es handelt sich um eine frühe Zivilisationsstufe der Menschen. Im Gegensatz zum Jagen stehen im Mittelpunkt des Sammelns eher passive Gegenstände. Wir müssen also zu dem Schluss kommen, dass es sowohl aktive als auch passive Daten im Internet gibt. Was passierte mit den gejagten oder gesammelten Gegenständen? Sie wurden gelagert und dann getauscht oder verkauft. Und auch hier bleibt Schulzki-Haddouti der Metapher treu. Schulzki-Haddouti analysiert die Verwertungsmöglichkeiten, wenn personenbezogene Daten erst einmal unter Kontrolle gebracht sind, schildert die Strategien der einschlägigen Unternehmen und nennt konkrete Preise. Wenn es zutrifft, dass ein "guter Datensatz" im Schwarzhandel 300 DM kostet, dann läßt sich leicht hochrechnen, dass der Datenhandel ein Millionengeschäft ist.(Ebd.) Es wird (oder ist bereits) eine komplette Warenwirtschaft mit den Daten entstanden. Es gibt in der Buchbesprechung von Helmut Bäumler auch die bereits vorher erkannten Einzel-Metaphern. Sie schreibt für ein anspruchsvolles Fachpublikum und für den "Ich-bin-drin-Leser" gleichermaßen.(Ebd.) Wer oder was ist der "Ich-bin-drin-Leser"? Wieder ist Hintergrundwissen aus der Werbung gefragt. Der Provider AOL wirbt mit besonders leichtem Internetzugang. Und ein Prominenter warb mit dem Spruch „Ich glaub’, ich bin drin”. Dies legt die Vorstellung nahe, es gäbe keine Schwierigkeiten und man würde scheinbar unbemerkt ins Internet gelangen. Und für die Bedeutungsübertragung folgt daraus: der "Ich-bin-drin-Leser" ist ein Internetnutzer mit wenig Fachkenntnissen.

Die Rückkehr des Raumes – Ohne Raum/im Raum – Land und (Daten-) Meer (Markus Schroer 27.08.2001, http://www.heise.de/tp/artikel/9/9345/1.html).

Im letzten Text keine Computer – versprochen! Es geht vielmehr um ein Medium, das ohne Computer nicht existent wäre. Das Internet ist ein Verbund verschiedenster Computer. Alle sind miteinander verbunden, sie können Daten untereinander austauschen. Es gibt keine Ersten und keine Letzten. Es gibt keinen, der Anweisungen erteilt oder auch Anweisungen ausführen muss. Das Internet ist dezentral organisiert und seit ca. 10 Jahren gibt es das WWW, einen Ausschnitt des Internets, der besonders leicht zu bedienen ist. Und eine der wesentlichsten Fragen ist: Wie kann man sich das Gebilde, das Ding Internet vorstellen? Ist es mehr als die Summe seiner Einzelteile, Kabel und Transistoren? Abgesehen von den Wissenschaftlern und Freaks, die sich im Internet „herum treiben”, wird versucht, dem Normalbürger die Vorteile des Internets zu erklären. Und das natürlich mit Metaphern. Das Netz als solches mag noch konkrete Gegebenheiten wie eben jenes Netz von Kabeln und Rechner (als Knoten) haben. Aber in der Vorstellung der meisten Benutzer gleicht das Internet wohl eher einem virtuellen Raum, wenn nicht gar einer Parallelwelt oder einem Paralleluniversum. Und da das Ding zum Raum erhoben, kommen ihm auch alle Eigenschaften eines Raumes zu. Und genau darum geht es im Telepolis-Artikel von Markus Schroer. Ein wesentliches Merkmal eines Raumes ist seine Abgrenzbarkeit. Unsere grundlegendsten Erfahrungen basieren auf der Räumlichkeit unserer Umgebung. Nah und fern, hier und dort, innen und außen, verschwinden und ankommen u.v.m. repräsentieren dies in der Sprache. Und gleich hier bricht unser neuer Raum mit den Konventionen. Er gibt vor, grenzenlos zu sein. Aber, dass man die Grenzen nicht ohne weiteres erfahren kann, heißt nicht, dass es keine gibt. Im neuen virtuellen Raum gibt es andere als die uns bekannten Grenzen. Eine davon ist die Grenze zwischen realer Welt und der Welt des Möglichen, also des virtuellen Raums. Kommunikation ist von jeher an eine gewisse Erreichbarkeit gebunden. Mit jemanden, den wir räumlich nicht erreichen, können wir auch nicht kommunizieren. Und mit jemanden, der uns gegenüber steht können wir am besten kommunizieren66 In der Sprache des Internets mit dem Akronym f2f abgekürzt, was soviel bedeutet wie face to face.. Geographische Nähe ist kein verlässliches Kriterium mehr für die Möglichkeit der Kontaktaufnahme und den Aufbau sozialer Beziehungen, denn im Netz wohnen gewissermaßen alle gleich nah nebeneinander, nur jeweils einen Klick weit vom Anderen entfernt. (Markus Schroer 27.08.2001) Eine weitere Konkretisierung des virtuellen Raumes ist der Vergleich mit dem Meer (der Datenozean, Vilém Flusser: das Meer der Möglichkeiten). Im Mittelalter erstreckten sich die Ozeane scheinbar ohne eine Grenze. Der Mensch verließ das ihm vertraute Festland, um den unbekannten Raum zu erforschen. Es gab keine Grenzen und es war auch vorerst nicht möglich, auf eine bekannte Art und Weise diesen Raum zu besetzen. Genau so verhält es sich heute im Internet. Die Staaten, welche sich zu einem wesentlichen Teil über ihr Staatsgebiet und ihre Bevölkerung definieren, sind im Internet dieser Möglichkeit beraubt. Der noch unbekannte virtuelle Raum wird gerade erforscht. Und es wird nach Mitteln gesucht, ihn zu beherrschen. Zur Beherrschung der Meere wurden starke Seeflotten gebaut und sie sicherten durch ihre Präsenz die Einflussgebiete auf dem Meer. So einfach wird es bei der Besetzung des virtuellen Raums nicht sein, denn alleinige quantitative Präsenz reicht dafür nicht aus. Doch Anfänge der Besetzung sind schon zu erkennen. Es handelt sich dabei um zugangsbeschränkte Bereiche wie Firmennetze oder bezahlpflichtige Angebote. Dies könnte man eventuell vergleichen mit Kanälen, bei denen für die Durchquerung bezahlt werden muss. Das Surfen ist die mühelose und individuelle Art, das Datenmeer zu durchqueren. Von daher ist wohl die Durchquerung des Internets für die meisten Leute eher mit mühevollem Rudern zu vergleichen. Der heutige Individualreisende im Datenmeer ist Steuermann (navigieren) und Maschinenwärter (browsen) zugleich. Das Browsen erledigt die Internet-Maschine Browser für uns. Die Navigation verlangt jedoch unsere volle Aufmerksamkeit. Über eine Seekarte verfügen wir meist nicht, aber Seezeichen in Form von Navigationsleisten und Navigationselementen (Button, Pfeile, Textlinks, etc.) helfen uns weiter.

Wissenschaftliche Studien67 Merian-Analyse (Medien- und rechnergestützte Interaktionsanalyse) durchgeführt von der Uni Göttingen und der Gesellschaft für angewandtes Direktmarketing (GAD) in „Orientierung braucht viel Zeit”, „Werben&Verkaufen”, 10/99, S.19. ergaben, dass Besucher einer Webseite 29 dürfte klar sein. Beim Kreismodell kann man sich beinahe blind voranklicken und kommt irgendwann wieder zum Ausgangspunkt. In der Baumstruktur ist irgendwann Schluss und man muss sich zurück hangeln. Die Verwendung der See- und Meermetaphorik für das Internet erfolgt keineswegs zufällig. Die Entdeckersemantik im Netz verweist darauf, dass hier Entdeckungen gemacht werden können, die einst in der Realwelt stattfanden, dort aber offenbar nicht mehr möglich sind, sich der Aufbruch in den elektronischen Raum folglich als Surrogat für die real nicht mehr möglichen Abenteuer und Entdeckungen anbietet. Insofern hat Virilio (2001) wahrscheinlich Recht mit seiner Annahme, dass der Aufbau des elektronischen Raums aus einer Krise des realen Raums resultiert. (Ebd.) Und spätestens an dieser Stelle ist zu merken: Die Metaphern erklären nicht mehr einen konkreten Zusammenhang, sondern ordnen gesellschaftliche, fast philosophische Zusammenhänge. Und der Verfasser kommt zu dem Schluss, dass sich der Cyberspace mehr und mehr in befestigtes Territorium verwandelt. Wie einst das Meer wird er nun vermessen parzelliert und aufgeteilt. Eine offene Frage bleibt die Aussparung eines weiteren Elements, der Luft, für die metaphorische Verwendung. Am Endes des Textes kommt es zur Überlegung, die Internet-Gegebenheiten in der Realität zu erproben. Die Entwicklung des Internet trägt mit dazu bei, Raum nicht mehr länger als gegebene Konstante zu verstehen, als Behälter oder Rahmen, in dem sich Soziales abspielt, sondern als durch soziale Praktiken erst Erzeugtes aufzufassen und damit von Räumen auszugehen, die es nicht immer schon gibt, sondern die erst durch Handlungen hervorgebracht werden. Ein solches Raumverständnis dürfte erhebliche Konsequenzen auf allen gesellschaftlichen Ebenen, nicht zuletzt für den politischen Raum haben, denn es erlaubt zumindest die Vorstellung, dass sich an ein und demselben Ort die verschiedensten Räume befinden können. Gerade aber Staaten leben bisher von der Idee der Exklusivität ihres Herrschaftsraumes. Wo ein Staat ist, kann nicht auch noch ein anderer sein. Nach dieser Logik gestaltet sich die politische Weltkarte bis heute. Doch in einem politischen Vorschlag zur Lösung des Territorialkonflikts zwischen Israel und Palästina hat sich das neue Raumverständnis womöglich bereits niedergeschlagen. Statt das Land zwischen Israelis und Palästinensern zu teilen, soll es nach der Vorstellung von Rabbi Fruman "zwei Staaten auf demselben Territorium geben. ‘Israel in Palästina, Palästina in Israel. Zwei Flaggen, zwei Hymnen, zwei Parlamente, zwei Präsidenten, zwei Regierungen.’".2 Damit würde ein politischer Konflikt erstmalig nicht mehr durch die Aufteilung von Land, durch Zonierung und Trennung gelöst, sondern durch die Mehrfachnutzung und Mehrfachcodierung von Raum.(Ebd.)

Zusammenfassung – Die Arten der Metaphern

Die vier untersuchten Texte sind natürlich keine Menge aus der sich wissenschaftlich fundierte Schlüsse ziehen lassen. Ich habe sie mehr oder minder willkürlich ausgewählt, es sollten verschiedene Textsorten sein. Und nur aus meiner eigenen Erfahrung68 15 Jahre kann ich z.B. sagen: „Ja, Handbücher sind oft in diesem Stil verfasst.” oder „Zeitungsartikel haben oft solche Überschriften.” Die untersuchten Texte zeigen jedoch schon einige wesentliche Merkmale der Metapher-Verwendung. Metaphern werden, wie überall, auch in Computer bezogenen Texten verwendet. Begonnen haben Lakoff und Johnson mit den Orientierungs-Metaphern. Und wenn wir mit dem Rechner arbeiten, fahren wir ihn hoch. Wird er ausgeschaltet, wird er runtergefahren. Das Betriebssystem Windows 95 führte einen Button „Start” ein. Und der Gedanke dahinter ist sicherlich, dass der Anwender von hier aus überall hinkommen kann, alle Programme ausführen – „Hier geht es los!“. Mehr noch die Metapher Start vermittelt eine gewisse Dynamik, denn nach dem Start geht es gemeinhin nicht langsam weiter. Auch die zugehörige Werbekampagne des Herstellers lautet frei übersetzt: Wohin wollen Sie heute gehen? Also eine Vorwärtsbewegung, es wird eine Raumorientierung angenommen. Ebenso wichtig ist das Konzept des Rechners als Gefäß. In ihm drin sind die Programme und Daten, er hat eine Begrenzung und es gibt Innen und Außen. Daten werden gespeichert und sogar ganz detailiert gestapelt. Sie werden auf- und abgeladen (upload, download) und sie fließen in den Rechner (streaming). Weitere Orientierungen sind: vom Abstrakten zum Anschaulichen und vom Älteren zum Jüngeren bzw. Moderneren. All diese Richtungsweisungen entsprechen der von Lakoff und Johnson festgestellten prinzipiellen oben/ unten – Orientierung bei Metaphern. Bei der Einführung der Entitäten werden Eigenschaften belebter und unbelebter Dinge verwendet. Am häufigsten werden Computer mit komplexen Maschinen oder komplexen lebenden Organismen verglichen. Diese Organismen können z.B. Körper von Säugetieren sein, oft auch der menschliche Körper. Was das Herz im Körper tut und im Unterschied dazu auch das Gehirn, ist den meisten Menschen klar, auch wenn es nicht explizit wird. Bei Maschinen-Metaphern geht es hingegen meist um Prozesse. Etwas wird verarbeitet, geteilt, gelagert oder ähnliches. Und hier wird meist mit Struktur-Metaphern gearbeitet. Einzelne Komponenten arbeiten zusammen oder werden getrennt. Verwirrend ist allerdings das Durcheinander der Bildspender. Die Metaphern wechseln von belebt zu unbelebt und wieder zurück. Einmal Maschine und im nächsten Satz schon wieder mit einem Herz und einem Gehirn bestückt. So verwirrend es auch sein mag, es ist in den meisten Fällen für die Erklärung nicht von Bedeutung. Der Leser kann sehr gut unterscheiden und weiß was, es bedeutet, wenn eine Maschine ein Herz hat. Das ist einfach das Ding, was im Inneren antreibt. Der Erkenntnisprozess wird davon nicht betroffen. Besonders stark kam dieses (scheinbare) Problem im ersten Textbeispiel (Jürgen Bayer „Programmierung”) zum tragen. Der (auch scheinbare) Widerspruch: Ist der Computer nun eine belebter Organismus oder eine unbelebte Maschine ist nicht von Bedeutung. Auch auf das vollständige Ausfüllen der Metapher (etwa: lebender Organismus – wo sind die Gliedmaßen?) kann verzichtet werden. In kleinen abgeschlossenen Portionen wird die Metapher und die Erklärung verabreicht und auch verstanden. Anders stellt sich die Situation bei den journalistischen Texten dar, dort - speziell in den Überschriften geht es nicht um Erklärung. Hier geht es um das Anlocken der Leser. Mit geschickt formulierten Metaphern verführt der Autor dazu, den Text weiter zu lesen. Das Weltwissen des Leser ist gefragt. Und das in teilweise sehr engen Grenzen. Die Java-Kaffee-Geschichte zeigt, wie sehr man mit den Fachtermini und auch landestypischen Mustern (Jakobs Krönung) vertraut sein muss, um die Metapher zu verstehen. Hier wird jedoch kein Konzept abgebildet, sondern es handelt sich eher um eine rhetorische Figur im klassischen Sinne. Aber auch in den journalistischen Texten werden die Raum-, die Struktur- und die ontologischen Metaphern erklärend benutzt. Wir stoßen wieder auf die Metaphern aus dem Bereich belebter, selbstständiger Organismus. Hier beziehen sie sich jedoch nicht auf so klare Eigenschaften oder Abläufe. Eher unscharf aber dennoch verständlich ist die Formulierung: „Der Rechner mag nicht.” Ebenfalls erwähnenswert ist der Wandel oder die „Nicht-Durchsetzung” bestimmter Metaphern. In diesem Falle meine ich speziell die Verwendung des Begriffs „Mutter-Platine” in einem Text von 1995. Zwei Deutungen sind hier aus meiner Sicht möglich. Erstens, die linguistisch angenehme: Der Autor hat den Fachbegriff aus dem Englischen übersetzt und dann in seinem Text benutzt. Im Laufe der Sprachentwicklung hat sich jedoch der englische Begriff durchgesetzt (analog dem Beispiel Computer vs. Verdater)69 Dieter E. Zimmer; Deutsch und anders – Die Sprache im Modernisierungsfieber; Rowohlt Verlag; Reinbek bei Hamburg; 1997; S. 86.. Die zweite Möglichkeit: Der Verfasser wollte einen bewussten (und vielleicht ironischen) Gegenpol zu den dominanten englischen Fachbegriffen herstellen. Für diese These spricht auch das Ergebnis der Assimilations-Untersuchung von Dieter E. Zimmer. Er untersucht die Aufnahme englischer Computerfachbegriffe in europäische Sprachen. Das englische Wort motherboard gilt mit der Übersetzung Hauptplatine als assimiliert. In journalistischen Texten wird deutlich kreativer bei der Bildung und Verwendung von Metaphern vorgegangen. Und dies ist sicher in erster Linie an Hand der Textsorte erklärbar. Der Autor kann es sich leisten in kleinerem Maße ungenau oder teilweise unkorrekt zu arbeiten. Im Gegensatz zu Computer- Handbüchern sind seine Texte nicht so fundamental. Falls es nicht ausdrücklich beschrieben und bestätigt wird, wird niemand sein neues Betriebssystem nach der Anleitung einer Zeitschrift einrichten, sondern zuerst versuchen, mit den Handbüchern des Rechners klar zu kommen.

Die weitaus schwierigsten Texte sind die des Online-Magazins Telepolis. Es findet sich hier eine hochgradig intellektuell explosive Mischung aus Technik, Soziologie, Psychologie und Feuilleton. In diesen Texten finden sich einzelne Technik-Beschreibungen/ Erklärungen mit Metaphern nur selten. Meist geht es um ein Geamtgefüge des menschlichen Verhaltens im Zusammenspiel mit der (Computer-)Technik. Wie findet sich der Mensch im virtuellen Raum zurecht? Wie überhaupt ist der virtuelle Raum zu denken? Zwei Arten der Metaphernverwendung muss man bei dieser Art von Text unterscheiden. Das ist zum einen die Metaphernverwendung auf der herkömmlichen Ebene, z.B. „Lego war schon immer der drittbeste Freund des Hackers. Nach Computer und Telefon.” Hier ist völlig klar: Mit seinen besten Freunden ist man stets und ständig zusammen70 Zumindest im Alter von 6 bis 14 Jahren. Und diese Eigenschaft wird auf die drei unbelebten Dinge übertragen. Oder auch: „... unsere verkrustete Parteiendemorkratie von der Basis her upgedatet wird?” Mit entsprechendem Wissen aus der Computertechnik ist klar, es geht um die Erneuerung der Parteiendemokratie. Eine „Ebene” höher geht es jedoch beispielsweise um die Errichtung neuer Grenzen. Wo jedoch werden diese Grenzen errichtet? Um den Text zu verstehen, müssen wir uns auf das Konstrukt Internet = Raum einlassen. Wir wissen vorerst jedoch nicht, wie dieser Raum beschaffen ist. Gleicht er einer Landfläche mit festem Untergrund und einer (ab-)messbaren Fläche? Oder ist er flüssig, so wie die uns bekannten Weltmeere? Diese Überlegungen treten jedoch erst einmal zurück, da wir nur den Ausschnitt des Bildspenders betrachten. Egal ob fest oder flüssig, unser Raum kann auf irgendeine Art und Weise abgegrenzt werden. Und er unterteilt sich nicht nur in kleinere Teile seiner selbst, sondern er grenzt sich auch von ihn umgebenden anderen und anders beschaffenen Räumen ab. Und hier tritt der Dualismus unserer heutigen Zeit hervor. Die bisher bekannten Räume: Land, Meer, Luft bilden Untermengen des reellen Raums. In ihm gelten die uns bekannten Gesetzmäßigkeiten von Natur und Gesellschaft. Und ihm gegenüber steht der virtuelle Raum. In dem scheinbar nichts von alldem gilt. Es ist der Raum des Möglichen. Seine Gesetzmäßigkeiten müssen noch erforscht oder auch definiert werden. Dem Konstrukt weiter folgend können wir im virtuellen Raum Gebiete eingrenzen, das sind dann die „global villages” oder auch „virtuelle Städte” (cybertown). In der Metapher der Stadt wird mehr manifestiert, als es zunächst den Anschein hat. Eine Stadtmauer haben wir mit der Grenze. Doch wie sieht sie aus und was ist ihre Aufgabe? Soll sie wie früher die Bewohner (wer sind die eigentlich?) vor Fremden und Feinden schützen? Und wenn es diese Feinde gibt, was rauben sie aus der virtuellen Stadt? Wer hat das Recht in der Stadt zu wohnen, wessen Gesetze befolgt er? Wer stellt die Regeln auf und wer setzt sie durch? Die Metapher der Stadt ist viel zu sehr an konventionelle Gegebenheiten gebunden, als das sie uns wirklich weiterhelfen könnte. Was davon bleibt, ist ein diffuses Gebilde, eine virtuelle Stadt, ist eine Ansammlung von Webnutzern und mehr wird aus der Stadt-Metapher auch nicht gezogen, als eine Ansammlung von Individuen. Die am weitesten vertiefte Metapher ist wohl die des Datenmeeres. Das Hindurch- Bewegen durch das Internet, das Surfen baut unmittelbar darauf auf. Auch das Wesen des Internets passt mit einigen Eigenschaften gut zum Bildspender Meer. So ist ein Teil des Meeres erforscht und die Oberfläche ist vermessen. Auch das Internet ist zu einem Teil erforscht und es gibt Karten über den Datenfluss im Internet. Doch beide besitzen auch einen unerforschten Teil, beim Meer ist er geringer (die Tiefsee) beim Internet schein er größer und nicht genau bezeichenbar. Dennoch wird wieder auf der Metapher aufgebaut mit den Begriffen: surfen, navigieren u.v.m.

Die Texte im Magazin Telepolis verwenden also mehrschichtige Metaphern. Und auch hier werden nur Teile benutzt, um einen ganz bestimmten Aspekt zu illustrieren. Würde die Metapher konkret weiter gedacht, so endet sie im Chaos. Trotz der Unvollständigkeit der Konzepte gibt es Ansätze, sie ins reale Leben zu übertragen. Das Beispiel der Raumaufteilung zwischen Israel und Palästina stellt einen solchen dar. Es ist jedoch schwer vorstellbar, das es eine solche Staatsform geben könnte. Als Gesamtfazit läßt sich feststellen: Metaphern eigenen sich zur Erklärung von Computer-Sachverhalten. Ihr Einsatz wird dann problematisch, wenn nicht alle angesprochenen Personen über das Wissen verfügen, die Eigenschaften des Bildspenders zu erkennen, die beim Bildempfänger benötigt wird. Dies ist jedoch nicht computerspezifisch, sondern allgemein zutreffend. Durch die relativ kurze Zeit (ca. 50 Jahre) der Entwicklung der Computer-Fachsprache könnte teilweise dieses Wissen noch stärker fehlen als in anderen Fachbereichen. Mit zunehmender Ausbreitung des Computer-Fachwortschatzes in die allgemeine Sprache, wird dieses Wissen jedoch erworben.